Critical Blocks - © Foto: Critical Blocks, Maykel Roovers, 2012

„Serious Fun“: Architekturspiele erzählen

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Die Ausstellung „Serious Fun“ im Architekturzentrum untersucht das vielfältige Beziehungsgeflecht zwischen Architektur und Spiel auf sehr unterhaltsame Weise.

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Die Ausstellung „Serious Fun“ im Architekturzentrum untersucht das vielfältige Beziehungsgeflecht zwischen Architektur und Spiel auf sehr unterhaltsame Weise.

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Alles Lernen beginnt mit dem Spiel, die erste Architekturvermittlung erfolgt über Bauklötze und Puppenhäuser. Architekturspiele – ob analog, strategisch, digital, auf dem Spielbrett, auf der Konsole, im virtuellen Raum, allein oder gemeinsam – schaffen eigene Welten und eignen sich auch für partizipative Planungsprozesse sehr gut. Das Architekturzentrum Wien widmet ihnen die Ausstellung „Serious Fun. Architektur & Spiele“. Kuratorin Mélanie van der Hoorn verbindet darin ihre Expertise und Leidenschaft für das Spiel mit dem Anliegen künstlerischer Reflexion und profunder Sozialkritik.

Viele Exponate schärfen das Bewusstsein für vermittelte Rollenbilder und Leerstellen. So bestückte Designer Maykel Roovers seine „Critical Blocks“ mit Atomkraftwerk, Megafarm und anderen Typologien, die gängige Bausätze nicht kennen. Erfolgreich unterwandert die fröhliche Bauklotzästhetik den potenziellen Schrecken.

Verdrängte Realitäten

Das klassische Puppenhaus repräsentiert die ideale Lebenswelt des wohlhabenden Bürgertums. Damit wird hier gründlich aufgeräumt. Das Puppenhaus „Play With Me“ der Künstlerinnen Van Sowerwine und Isobel Knowles ist groß genug, um darin auf einem Kindersessel per Mausklick bestimmte Felder im Mädchenzimmer zu aktivieren, was mitunter verstörende Szenen ablaufen lässt, die an Gewalt und Missbrauch denken lassen. Gern verdrängte Realitäten, die wahrscheinlich gar nicht selten Puppen anvertraut werden. Das Puppenhaus „The Unchanging World“ von Alice Pasquini zeigt sich mit zerbrochenen Fensterscheiben, schimmligen Wänden und verwüstetem Kinderzimmer komplett devastiert.

Zwei der drei Kinder von Architekt Machiel Spaan litten an einer schweren Stoffwechselerkrankung, sie konnten mit einem „normalen“ Puppenhaus nicht spielen. Gemeinsam mit der Komponistin Rozalie Hirs entwickelte er das „Luisterhuis“. Dieses „Hörhaus“ hat Trichter, aus denen unterschiedliche Geräusche dringen. Der Dachboden klingt nach einem Tischtennisspiel, im Wohnzimmer knistert ein Kaminfeuer, in der Küche plätschert Wasser. Mit dem „Hörhaus“ können gesunde und kranke Kinder gemeinsam spielen, es macht bewusst, wie wenig inklusives Spielzeug es gibt. Im Videospiel „A Blind Legend“ taucht der Spielende auf der Suche nach seiner Tochter in die Welt eines Blinden ein und erfährt sich dabei sehr ohnmächtig. Der Künstler Alan Butler macht sich in seiner Installation „Down and Out in Los Santos“ auf die Suche nach Obdachlosen, Bettlern, Verletzten, Verarmten auf den Straßen und Schauplätzen des Videospiels „Grand Theft Auto V“. Diese unkonventionelle Perspektive bringt eine überraschend reiche und realistische Ausbeute an Figuren ans Tageslicht.

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