Shanghai: „Little Vienna“ vor exotischer Kulisse
Die Ausstellung „Die Wiener in China. Fluchtpunkt Shanghai“ im Jüdischen Museum Wien zeichnet anhand zahlreicher, oft sehr persönlicher Exponate die Wege von 22 Familien nach, die dem NS-Terror entkommen konnten.
Die Ausstellung „Die Wiener in China. Fluchtpunkt Shanghai“ im Jüdischen Museum Wien zeichnet anhand zahlreicher, oft sehr persönlicher Exponate die Wege von 22 Familien nach, die dem NS-Terror entkommen konnten.
Shanghai: Der Klang dieses Namens verhieß in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts exotische Hafenromantik und Sehnsucht nach Ferne, aber rief mit Imaginationen von Schmuggel und schmutzigen Geschäften auch mehr oder weniger wohliges Schaudern hervor; der Schriftsteller Aldous Huxley schrieb 1926 von einem „dichten Morast üppig verflochtenen Lebens“. Ausgerechnet in diese brodelnde Metropole am anderen Ende der Welt verschlug es ab 1938 tausende Juden aus Österreich, die hier Zuflucht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten suchten. Das Jüdische Museum widmet den „Shanghailändern“, wie sie sich selbst nannten, eine große Ausstellung, die aufgrund der aktuellen Corona-Unbill bis 27. Juni verlängert wurde.
Neubeginn in der Fremde
Die chinesische Millionenstadt, damals eine internationale Sicherheitszone, war einer der wenigen Orte, für die kein Einreisevisum notwendig war, und stellte daher für viele österreichische und deutsche Juden die letzte Hoffnung dar. Bis Oktober 1941, als Hitlerdeutschland endgültig ein Ausreiseverbot für Juden verhängte, gelang rund 6000 österreichischen Juden die Flucht dorthin. Nach einer langen Reise auf Schiffen oder mit der Transsibirischen Eisenbahn fanden sie sich meist ohne Geld in einem Land wieder, dessen Sprache sie nicht verstanden, dessen Kultur ihnen völlig fremd war und in dem der Monsun Überschwemmungen und tropische Krankheiten mit sich brachte. Hilfe gab es lediglich von der bestehenden jüdischen Community vor Ort.
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