Sie war mehr als nur ein Feigenblatt

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Vier Jahre lang arbeitete Trude Forsher für Elvis Presley und seinen Manager -durch die Beschäftigung einer jüdischen Mitarbeiterin erhoffte man sich Vorteile. Ihrer erstaunlichen Karriere im US-Showbusiness widmet das Jüdischen Museum Wien eine Ausstellung.

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Vier Jahre lang arbeitete Trude Forsher für Elvis Presley und seinen Manager -durch die Beschäftigung einer jüdischen Mitarbeiterin erhoffte man sich Vorteile. Ihrer erstaunlichen Karriere im US-Showbusiness widmet das Jüdischen Museum Wien eine Ausstellung.

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Eine behütete Kindheit und Jugend in Wien, Flucht vor den Nazis, obdachlos in London, in den USA ein Aufstieg von der kleinen Stenografin zur erfolgreichen TV-Produzentin und im Alter schließlich offizielle Beraterin der Stadt Los Angeles in sozialen Fragen: Bereits diese Eckpunkte markieren eine außergewöhnliche Lebensgeschichte. Doch da war noch etwas im Leben von Trude Forsher, mit dem sie auf jeder Party und jedem Dinner sofort in den Mittelpunkt rückte: Sie war Ende der 1950er-Jahre vier Jahre lang die Sekretärin von Elvis Presley gewesen. Eine kleine, aber feine Ausstellung im Jüdischen Museum Wien widmet sich der gebürtigen Wienerin und dem Superstar, für den sie arbeitete: In "Trude und Elvis" geht es um Verfolgung und Flucht gleichermaßen wie um Hollywood und Rock'n'Roll.

Trude Adler, Tochter aus gutbürgerlichem jüdischen Haus, war zum Zeitpunkt des "Anschlusses" 18 Jahre alt und entkam dem NS-Terror, indem sie eine Stelle als Dienstmädchen in London annahm. Nach mehreren Jobwechseln, zwischenzeitlich auf der Straße lebend, schaffte sie den Sprung in die USA, wo sie alsbald den Ingenieur Bruno Forsher heiratete. 1953 zog die Familie nach Kalifornien. Über die ebenfalls in Wien geborenen Brüder Jean und Julian Aberbach, entfernte Verwandte und Inhaber des bedeutenden Country&Western-Musikverlages Hills and Range, machte sie 1956 Bekanntschaft mit dem Manager von Elvis Presley, "Colonel" Tom Parker, der sie als seine Privatsekretärin engagierte.

In Ekstase

Vier Jahre lang arbeitete Trude Forsher für den Colonel und seinen Schützling, dessen kometenhafter Aufstieg gerade begonnen hatte. Der junge Elvis schaffte es, mit einer explosiven musikalischen Mischung aus weißem Hillybilly und dem Rhythm and Blues der Afroamerikaner sowie mit stark erotisch aufgeladenen Tanzbewegungen die Jugend der USA in Ekstase zu versetzen.

Für Parker entsprang Trudes Anstellung einem einfachen Kalkül: Gerade wurde Elvis' erster Film "Love Me Tender" gedreht, und weil in Hollywood nun einmal viele Juden tätig waren, erhoffte er sich durch eine jüdische Mitarbeiterin Vorteile. Doch Trude war mehr als nur ein Feigenblatt: Sie erwies sich als tüchtige Organisatorin, die bald mit zahlreichen PR-Aufgaben betraut wurde. Ihr Ehemann allerdings verkraftete den Erfolg seiner Frau nicht, er wurde eifersüchtig und ließ sich von ihr scheiden. Das kostete Trude ihren Job: Eine geschiedene Frau in der unmittelbaren Umgebung des Sängers passte nicht zu dem neuen, biederen Image, das der Colonel Elvis zu verpassen gedachte. Erstaunlicherweise blieb sie Parker bis an dessen Lebensende freundschaftlich verbunden und verteidigte ihn zeitlebens gegen den -durchaus zutreffenden - Vorwurf, er habe Elvis ausgenutzt, dessen Karriere aus Geldgier in die falsche Richtung gelenkt und den King of Rock'n'Roll zum Kommerz-Kasperl gemacht.

Der Jobverlust war alles andere als ein Beinbruch. Trudes Tätigkeit für Elvis erwies sich als perfekte Basis für eine Karriere hinter den Kulissen von Hollywood. Gemeinsam mit Adolph Zukor II., dem Enkel des gleichnamigen Filmmoguls, gründete sie eine Produktionsfirma, die in den 1960er-Jahren eine Reihe erfolgreicher Fernsehshows herstellte. Sie war zu dieser Zeit die einzige Frau im US-Showbusiness, die als Produzentin tätig war.

1974 ging Trude in Pension, doch ihre Laufbahn war damit noch nicht zu Ende. Gemeinsam mit einer Freundin publizierte sie eine Studie über die Kosten, die der Allgemeinheit erwachsen, wenn geschiedene Männer sich weigern, ihren Ex-Frauen Unterhalt für die gemeinsamen Kinder zu bezahlen. Aufgrund dieser Arbeit erlangte sie US-weite Bekanntheit und wurde vom Stadtamt von Los Angeles noch 20 Jahre lang als Beraterin beschäftigt.

Im Jahr 2000 schließlich verstarb Trude Forsher. Das Jüdische Museum erinnert nun an diese außergewöhnliche Frau, von der ihr Sohn James erzählt, sie habe zwar in Los Angeles gelebt, sei aber in ihrem Kopf zeitlebens in Wien geblieben.

Ihr Ehemann allerdings verkraftete den Erfolg seiner Frau nicht, er ließ sich von ihr scheiden. Das kostete Trude ihren Job: Eine geschiedene Frau passte nicht zu Elvis.

Trude und Elvis. Wien - Memphis -Hollywood bis 12. Nov., Jüdisches Museum Wien Sonntag bis Freitag 10-18 Uhr www.jmw.at

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