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Spannende Bewegung

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DIKFURCHK: Was machtfiirSie persönlich die Faszination des Tanzes aus? Lou CONTE: Als junger Mensch - ich begann mit sieben Jahren zu tanzen -gefiel mir einfach die Körperlichkeit des Tanzens, die Bewegung zu Musik. Als ich älter wurde, traten die ernsteren Seiten des Tanzes in den Vordergrund: Die Darstellung von Charakteren, aber auch die Erschaffung einer Umgebung, in der die tänzerische Bewegung ausgeführt wird. Dazu gehören etwa Licht und Kostüme. Als künstlerischer Ijeiter betrachte ich das Gesamtbild dessen, was auf der Bühne stattfindet: Bewegung und Musik in einer kontrollierten Bühnenatmosphäre.

DIEFURCHE: Sie wollen, wie sie oft betonen, den Tanz ent mystifizieren Was meinen Sie damit?

CoNTE: Die Leute wissen oft nicht viel über Tanz. Sie sind eingeschüchtert und glauben, daß Tanz etwas kompliziertes und schwer zu verstehendes ist. Ich versuche dahin zu kommen, daß sich die Leute Tanz ansehen und als das nehmen, was er ist: Bewegung. Man sollte sich nicht durch die Gefühle, die der Tanz erweckt, verwirren lassen, sondern sich ihnen hingeben. Wir wollen Tanz gewissermaßen volkstümlich und allgemein zugänglich machen, so daß jeder damit etwas anfangen kann.

DIeFlirchE: Heißt das, das Publikum geht für Gewöhnlich zu intellektuell an Tanz heran, statt sich einfach seinem Gefühl hinzugeben CoN IE: Manchmal macht man etwas ganz einfaches und die Leute lesen alles mögliche Komplizierte heraus, das gar nicht drinnensteckt. Dabei geht es vielleicht nur um ein Moment der körperlichen Spannung, das keine tiefere intellektuelle Bedeutung hat. Aber ich möchte mich nicht weiter in Erklärungen ergehen, denn genau das möchte ich ja vermeiden.

DIEFURCHE: Befindet sich der zeitgenössische Tanz in einer Art Elfenbeinturm, wie manche Kulturkritiker befürchten?

CONTE: Vor Jahrzehnten, als fast nur klassisches Ballett getanzt wurde und sich das Publikum festlich kleidete, wenn es in die Vorstellung ging: ja. Heute ist das nicht mehr so. In Tanzvorstellungen sieht man junge Leute in Blue Jeans und Turnschuhen. Tanz ist viel populärer geworden als früher.

DIEFURCHE: Wie würden sie den Tanzstil ihrer Truppe beschreiben? CoNTE: Unser Stil ist eine Mischung aus klassischem Ballet und zeitgenössischem Tanz. Wir machen an einem Abend die verschiedensten Dinge. Die Basis sind die Techniken des klassischen Ballet, während das Beper-toire - die Stücke und die Choreo-Lou Conte ist künstlerischer Leiter der „Hubbard Street Dance Company”, einem renommierten Tanzensemble aus Chicago. Conte kam schon in seiner Kindheit mit Tanz in Berührung. In den sechziger Jahren war er erfolgreich als Tänzer tätig und begann auch bald selbst zu choreographieren. 1972 eröffnete er ein Tanzstudio in der Chikagoer Hubbard Street, 1977 gründete er die „Hubbard Street Dance Company”, deren Stil die Techniken des klassischen Ballett mit den verschiedenen Ausdrucks -formen des zeitgenössischen Tanzes verbindet. Die Truppe, die sich aus 20 jungen Tänzern aus aller Welt zusammensetzt, gastiert von 12. bis 22. Dezember erstmals in Wien.

Museumsquartier, Halle E graphien - zeitgenössisch ist. Ein deutscher Kritiker hat uns mit dem Titel „Electric Company” versehen. Damit wollte er wohl Assoziationen wie „Energiegeladen” oder „Hochspannung” zum Ausdruck bringen. Tatsächsächlich steckt in unseren Stücken extrem viel Energie.

DIEFURCHE: Sie sind zwar zum ersten Mal in Osterreich, aber seit Beginn der siebziger Jahre waren sie immer wieder in Europa. Welche Unterschiede sehen Sie zwischen dem Tanz in Europa und in den Vereinigten Staaten? conte: Amerikanische Choreographen verwenden viel mehr Popmusik als europäische Choreographen. Die Europäer sind experimenteller und avantgardistischer. Allerdings sehe ich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede.

DIEFURCHE: Glauben Sie, daß jener avantgardistische Anspruch vieler europäischer Ensembles in jenen Elfenbeinturm führt, von dem sie den Tanz herunterholen möchten conte: Eine kleine Gruppe von vier oder fünf Tänzern, die etwas wahnsinnig avantgardistisches machen, wird nicht in einer Halle vor 3.000 Zu-sehern auftreten. Eine solche Darbietung zieht einfach nicht so viele Leute an. Aber in einem kleinen, experimentellen Theater ist durchaus Platz dafür. Heutzutage gibt es Baum für alles: Für experimentellen Avantgarde-Tanz ebenso wie für sehr leicht zugänglichen Tanz, der einfach das Bedürfnis nach Unterhaltung befriedigt.

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