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Spielzeug auf dem Gabentisch

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Der Teddybär muß seinen Platz unter dem Christbaum heute mit viel elektronischem Spielzeug teilen. Trotzdem ist die Nachfrage nach den kuscheli-gen Plüschtieren groß.

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Der Teddybär muß seinen Platz unter dem Christbaum heute mit viel elektronischem Spielzeug teilen. Trotzdem ist die Nachfrage nach den kuscheli-gen Plüschtieren groß.

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Weihnachten ist vor allem ein Fest der Kinder und der Erinnerungen. Welcher Erwachsene bedauert nicht den Verlust jener Erwartung, die sich, gemischt mit den Gewürzen von Bäckereien, von Tag zu Tag bis zum Heiligen Abend steigerte und den Höhepunkt in jenem Moment hatte, wo es hieß, das Christkind sei gerade hier gewesen. Da stand man vor dem Lichterbaum und vergaß zu fragen, warum das Christkind nicht gewartet hatte. Unter dem geschmückten Baum verpackte Geschenke und dazwischen ein rundes, freundliches, dunkles Gesicht: ein Teddybär. Dieser Bär, Traum mehrere Kindergenerationen, muß inzwischen seinen Platz unter dem Christbaum zwar mit viel elektronischem Spielzeug teilen, doch ist die Nachfrage nach dem plüschigen Kuscheltier noch immer groß.

Erfunden wurde das Tier von Steiff 1902 in Giengen (Süddeutschland), von wo es seinen Siegeszug nach Amerika antrat, und dort erhielt es auch nach Präsident Theodore Roosevelt den Namen „Teddy”. Unter den rund eine Million Plüschtieren, die allein Steiff jährlich in Giengen und im oberösterreichischen Werk Grießkirchen herstellt, ist der Teddybär laut Arthur W. Czucker, stellvertretender Leiter von Herzmansky, nach wie vor das beliebteste Kinderspielzeug. Gleichviel Interesse an den berühmten Bären stellt Czucker übrigens auch bei den Erwachsenen fest. Ob die Erwachsenen das Spielzeug an Kinder verschenken oder lieber selbst behalten, kann nur vermutet werden. Fest steht, daß neues und insbesondere altes Spielzeug inzwischen auch Sammelobjekt Erwachsener geworden ist. Diesem Trend wird mit limitierten Auflagen („Millenniumsbär”) und Sonderanfertigungen (bei „Licht ins

üunkel” wird ein Zug-Sonderwagen von Märklin versteigert) neuer und alter Spielsachen bei Versteigerungen Rechnung getragen. Bei einer Auktion im Oktober wurde zum Beispiel im Wiener Dorotheum ein Teddy von 18.000 auf 70.000 Schilling gesteigert. Nostalgiker, die feuchte Augen bekommen, wenn sie an die unwiederbringlich verlorene Kindheit denken, bietet sich im Dezember im Dorotheum Gelegenheit zu einem Wiedersehen mit Anker-Steinbaukästen, Matador, allerlei Figuren, Booten, Autos, und Spielzeugeisenbahnen, Bären und Puppen nebst Zubehör: Kleider und Puppenwagen, Möbel, Küchen sowie Puppentheater.

Diese Art von Spielzeug ist es auch, die von Arbeiterkammer-Konsumentenschützer Karl Kollmann als „wertvolles Spielzeug” befürwortet wird, da „es die kindliche Phantasie und Kreativität fördert”. Anhand von Rollenspielen ohne vorgegebene Handlung kann das Kind die Wirklichkeit nachspielen und üben, Aggressionen und Konflikte abbauen.

Plastikspielfiguren, die aus Fern-seh-Serien bekannt sind und die zum „Nachspielen” vorgegebener Handlungen gedacht sind, betrachtet Kollmann hingegen ebenso skeptisch wie Spiele, die „schwarz-weiß Schemata” zeichnen, etwa „Gewaltspiele”.

Während bei den Jüngeren durchaus herkömmliche Spiele dominieren, dazu gehören auch die Brett- und Kartenspiele, widmen sich Kinder ab zehn Jahre in ihrer Freizeit bevorzugt elektronischem Spielzeug.

Dieses Spielzeug ruft oft (Berührungs) Ängste bei den Eltern und Großeltern hervor. Die Entwicklungspsychologin und Computerspiel-Expertin Roswitha Pippan weiß jedoch durch ihre Berufserfahrung, daß durch diese neuen Spiele keine Gefahr für die Entwicklung der Kinder gegeben ist. Allerdings müsse die richtige Auswahl getroffen und auf den richtigen Umgang mit den Spielen und Geräten geachtet werden. Werden diese Kriterien beachtet, können Computer- und Videospiele die Geschicklichkeit und das Reaktionsvermögen der Kinder entgegen den üblichen Meinungen sogar fördern. Daß die Kinder vor allem „spielend lernen dürfen” und daß „der Spaß im Spiel im Vordergrund stehen” muß, sollte ebenso klar sein wie die Tatsache, daß Eltern technische Spiele nicht „als Babysitter zur Ruhigstellung” ihrer Sprößlinge mißbrauchen sollten. Eine Liste unbedenklicher und pädagogisch wertvoller Computerspiele, zu denen die Lernförderprogramme (zum Beispiel zur neuen Rechtschreibung, Fremdsprache, Mathematik) zählen, gehört ebenso zum Kundenservice der „Spielbox” (Magistratsabteilung 13) in der Weener Albertgasse wie Informationstage für Eltern und Kinder. Insgesamt sollte von den Erwachsenen bedacht werden, daß jede Zeit ihre Spiele hat und daß sie sich dem Geschmack der heutigen Kinder, der zum Großteil anders ist als der vorangegangener Generationen, nicht verschließen können, sondern behutsam damit umgehen lernen sollten.

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