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Tizians

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Tizians berühmte „Himmlische und irdische Liebe” ist nach jahrelanger Restaurierung - neben zahlreichen Porträts schöner Damen - in Rom zu sehen.

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Tizians berühmte „Himmlische und irdische Liebe” ist nach jahrelanger Restaurierung - neben zahlreichen Porträts schöner Damen - in Rom zu sehen.

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Mas Geheimnis der Weiblichkeit, die Frau, die Liebe und die Ehe bilden das Thema einer Ausstellung mit Werken des jungen Tizian, die derzeit in Rom im Palazzo delle Es-posizioni bis 22. Mai zu sehen ist und den Titel: „Tiziano Vecellio: Himmlische und irdische Liebe” trägt. Anlaß für diese Ausstellung ist die Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten an dem berühmten Gemälde Tizians in der Galleria Borghese in Rom: „Himmlische und irdische Liebe.”

Eine Episode vom Anfang dieses Jahrhunderts zeigt die Berühmtheit und den Wert dieses am Beginn des 16. Jahrhunderts entstandenen Werkes des venezianischen Künstlers: Während der Verhandlungen zwischen dem italienischen Staat und der Familie Borghese um den Ankauf des gesamten Parks um die Villa Borghese bot der Fürst Borghese den ganzen Besitz mit der Pallazzina und sämtliche darin befindlichen Kunstwerke dem Staat an und wollte als Gegenleistung nur eine Ausfuhrbewilligung für Tizians „Himmlische und irdische Liebe” erhalten. Diese Bewilligung wurde nicht erteilt und so ist heute das Resultat dieser jahrelangen Restaurie-

rung zu bewundern.

Röntgenologische Untersuchungen zeigten, daß unter dem Bild, das sich jetzt in klaren, leuchtenden, für den jungen Tizian typischen Farben präsentiert, ein anderes Gemälde mit weiteren Figuren in einer etwas anderen Anordnung zum Vorschein kam.

Was stellt das bewunderte Werk eigentlich dar? Claudio Strinati, der Leiter des wissenschaftlichen Komitees, meint, es sei ein Hochzeitsbild, auf dem nur Frauen zu sehen seien, und nicht eine pastorale Szene, wie man ursprünglich glaubte. Zwei Frauen, eine bekleidete und eine nackte, sitzen an den Seiten eines antiken Sarkophages, der zu einem Brunnen wurde, in dem ein kleiner Engel das Wasser mischt. Im Hintergrund befindet sich eine Landschaft mit einer Lagune, Reiterfiguren und einem Liebespaar.

Wappen geben Aufschluss

Bis zum Beginn unseres Jahrhunderts wußte niemand um die Bedeutung dieses Werkes Bescheid, bis man auf dem Sarkophag zwei Wappen entdeckte, die der venezianischen Familie der Aurelio und der aus Padua stammenden Bagarotto angehören. Historische Forschungen ergaben, daß tatsächlich zur Zeit der Entstehung des Gemäldes die Hochzeit des Nicolö Aurelio und der Laura Bagarotto stattfand. Die bekleide-

te weibliche Figur trägt ein Hoch-zeitsgewand nach der damaligen Mode und die nackte Figur stellt die Göttin Venus dar, die die Braut zur Liebe anregt. Die beiden Frauen sind einander sehr ähnlich.

Der Name des Bildes entstand erst im 18. Jahrhundert und die Wissenschaftler sind sich darin einig, daß der Titel nichts mit dem Sinn des Bildes zu tun hat. Tizian hat dem Bild keinen Namen gegeben, da die Bilder zu dessen Zeit keine Namen trugen.

Zum Thema „Frau” werden aber auch noch andere Werke gezeigt. Tizians „Junge Frau vor dem Spiegel” aus dem Louvre, „Noli me tangere” aus der Londoner National Gallery, die „Schlafende Venus” aus der Dresdener Gemäldegalerie; „Venus, die dem Amor die Augen verbindet”, „Salome”, „Flora”, und wunderschöne Frauenbildnisse von Palma il Vecchio, Giovanni Cariani, Se-bastiano del Piombo.

Von Konrad Oberhuber, dem Direktor der Wiener Albertina meisterhaft angeordnet, wirken die Zeichnungen und Stiche, die zum Teil aus der Albertina kommen: Die interessantesten stammen von Jacopo de Barbari, Albrecht Dürer und Marcantonio Raimondi. Auch Manfred Leithe-Jasper, der Direktor der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums, war im wissenschaftlichen Komitee der Ausstellung. „Bacchus und Ariadne” von Tullio

Lombardo, eine Leihgabe aus Wien, ist sicher eine der schönsten Skulpturen der Schau, aber auch Lombar-dos „Lucrezia” begeistert ebenso wie die „Kleopatra” des Bonacolsi detto l'Äntico.

Die seit vielen Jahren wegen Restaurierungsarbeiten geschlossene Galleria Borghese soll nun endlich kommenden Sommer wieder geöffnet werden. Dann wird auch die „Himmlische und irdische Liebe” wieder ihren ursprünglichen Platz finden.

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