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„Trigon 63“ in Graz

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Die Ausstellung „Trigon 63-Malerei und Plastik1 der Gegenwart aus Italien, Jugoslawien, Österreich“ setzt einen interessanten kulturellen Schwerpunkt in Graz, um so mehr, da sie nach den Plänen der Veranstalter als Biennale Fortsetzung und Kontinuität finden soll. Eine derartige Schau geht über den Rahmen eines einzigen Ausstellungsortes hinaus; durch die Zusammenfassung des Burggartens als Freigelände für Plastiken, des Palmenhauses, des Forums Stadtpark und des Grazer Künstlerhauses ist der bestmögliche Rahmen gegeben.

Während wackere Heimattalente der Steiermark vor kurzem in Wien wenig Anklang fanden, bietet sich in der Landeshauptstadt eine aufschlußreiche Konfrontation mit dem zeitgenössischen Schaffen diesseits und jenseits der Grenzen, eine internationale Orientierung der großen Strömungen, obgleich sich freilich manches bei der Auslotung als seichtes Randgewässer erweist, in dem ephemere Erscheinungen munter dahinplätschem.

In der italienischen Schau sind Renato Guttuso mit einem furiosen zeichnerischen „Roten Akt“ und Emilio Greco mit einem schönen Frauenkopf in Bronze als Vertreter einer gegenständlich ausgerichteten Kunst so ziemlich allein auf der weiten Flur der Abstraktion und des Experiments. (Guttuso zeigte übrigens in Salzburg schon Besseres, weniger Plakatives.) Luciano Lattanzis „Semantische Malereien“ verbinden Spielerisches mit emsiger Pinselakribie, das dichte Pattern entsteht nach einem dekorativen Kalkül und wird sauber zulackiert. In sehr persönlicher Weise geht Piero Martina den Weg von der Realität zur Abstraktion und variiert sein Thema „Akte im Weinberg“ als Ölbild und als Kollage von farblichem und formalem Reiz. Achille Perillis „Summarische Daten der Tiefe" sind in schwungvoller Drudel- kräuselung hingeschrieben, während Giuseppe Capogrossi voll robuster Freude Reminiszenzen an die Negerkunsteinflüsse seiner Pariser Lehrjahre auf der Leinwand wiederbelebt, ln der Bildhauerei stehen den fragmentarischen Metallplastiken Francesco Somainis die tektonische Strenge der Zementarbeiten Mirko Basal- dellas und die Sensibilität Luciano Minguzzis gegenüber. Aldo Calos ,.Platte" — sie könnte vom Wrack eines Kriegsschiffes stammen — markiert einen der Grenzpunkte zwischen ernsthaftem Schaffen und Prätention.

Bei den ausgestellten jugoslawischen Werken offenbart sich vielfach das Bestreben, im „Nachziehverfahren“ Anschluß an den Westen zu finden und bisher Versäumtes aufzuholen. Immerhin heben sich von den vielen Dutzendabstraktionen eine Reihe beachtenswerter Arbeiten ab. In den meisten Fällen schaffen die Künstler des Nachbarlandes aus einer spontanen Vitalität heraus, wie etwa beim krustig-pastosen Farbauftrag von Edo Murtic, bei den formalen Umdeutungen von Impressionen, die Mari Pregelj bietet, desgleichen in der temperamentvollen, spannungsreichen Bildgestaltung von Predrag Miloslavoevic. Stojan Celic hat von Hugo Hartung gelernt, Milenko Stancic surrealisiert eine grünlichgelb vernebelte Kinder- und Spielzeugwelt, Olga Jancic bezieht die Anregungen für ihre geballte Form in Aluminium von Jean Arp.

Der österreichische Teil macht seiner Auswahl nach ein wenig den Eindruck einer Musterkollektion, eine „Art Digest“ von Kokoschka und Boeckl bis zu Hundertwasser, Prachenski und Hoflehner. Vieles sah man bereits des öfteren in anderen Ausstellungen, so Anton Lehmdens meisterliche Landschaften und Rudolf Hausners „Narrenhut“. Erfreulich die Begegnungen mit dem individuellen, stimmungsvollen Expressionismus Werner Bergs und mit den beiden Salzburger Naiven Herbert Breiter und Agnes Muth- spiel. Erich Brauer bezaubert durch seine poesievolle Erzählkunst, die sięh malerisch von orientalischen Miniaturen inspiriert zeigt. Bestechend.,der geometrische Bildaufbau und die farbliche küme Raffinesse Erich Bucheggers. Mario Declevas intensive Auseinandersetzung mit der rein abstrakten, gültigen Gestaltung prägt sich ebenso ein wie Carl Ungers dynamische Umsetzung gegenständlicher Bildideen. Unter den Plastikern erscheinen Friedrich Hartlauer mit seinem trotz bescheidener Dimensionen monumentalen exotisch-urtümlichen Mal, Johannes Avramidis mit einem in sich geschlossenen Bronzetorso und Rudolf Kedl mit seinen Willendorf- Kultbildern aus Serpentin besonders bemerkenswert. Beherrschend im Burggarten: Hoflehners „Pultonische Figur“, ein Wegzeichen der modernen Kunst.

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