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Vincent und die Zypressen

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Genau vor fünfundfünfzig Jahren erwarb die Wiener Sezession das Gemälde „Die Ebene von Auvers-sur Oise“ von van Gogh und widmete es der Modernen Galerie. 1906 fand dann die erste große Ausstellung in der Galerie Miethke statt. Weder damals noch 1928, als die Moderne Galerie zwei Ausstellungen von Werken van Goghs veranstaltete, drang dessen Name in die breite Oeffentlichkeit. Nun hat die Initiative des Kulturamtes der Stadt Wien den Klagen, daß Wien abseits der Wanderstraße der weltbedeutenden Ausstellungen bleibe — wie sie etwa München 1954 mit Münch, 1956 mit Cezanne bot —, eine wirkliche Tat entgegengesetzt. Nach Abschluß der Besprechungen mit dem Rijksmuseum Kröller-Müller in Otterlo, das neben der Sammlung des Neffen des Malers die wichtigste Kollektion besitzt, konnte unter erheblichen Kosten — die Versicherungssumme allein beträgt elf Millionen Hollandgulden, 10.000 Kataloge und 6000 Plakate wurden gedruckt — eine Schau im Belvedere aufgebaut werden, die, auch nach internationalen Maßstäben gemessen, einzig dasteht. Aus Otterlo allein sind mehr als hundert Werke van Goghs eingelangt. Dieser Hauptbestand wurde durch Leihgaben der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München, des Kunsthistorischen Museums-Wien und der Albertina vermehrt. ' Der- Katalog, den'ddf 'Wissenschaftliche “AisrtftfrlH am Rijksmuseum in Otterlo, L. Gans, mit 'beispielhafter Fachkenntnis verfaßte, zählt 112 Nummern auf, Man beginnt den Rundgang zweckmäßig im Westzimmer des Erdgeschosses, wo sich Zeichnungen des jungen van Gogh befinden, die als reine Lebensdokumente zu werten sind. Die Haager Zeit (Dezember 1881 bis September 1883), die Zeit in Drenthe, Nuenen, Antwerpen und Paris schließt

und ergreifender. — Auch Hemingways „Fiesta“ Arbeit, die Umwelt dieser Arbeit prägen hier das Gesicht. Van Gogh machte ja selbst Kornernte und Kartoffelausgraben mit. Die Zeit in Arles und jene von Saint-Remy ist mit so berühmten Stücken wie „Pont de Langlois“, „Souvenir de Mauve“ (Blühender Baum), mit der in Blau und Gelb leuchtenden Cafeterrasse an der Place du Forum, mit „La Ber-ceuse“, dem „Briefträger Roulin“, dem Spitalgarten von St. Paul, mit den Feldern, Olivengärten und — Zypressen vertreten.

„Die Zypressen beschäftigen mich andauernd, ich möchte davon etwas machen, wie die Bilder mit den Sonnenblumen“, schrieb van Gogh damals. Diesen: Zypressen ist eine überwältigende, über Farbe und Form hinausgehende geistige Symbolik eigen, wie sie kurz darnach nur noch in der „Ebene bei Auvers“ aufleuchtet.

Die Ausstellung ist bis zum 30. März geöffnet. Sie hätte ursprünglich während der Wiener Festwochen gezeigt werden sollen, mußte aber gemäß den Satzungen von Otterlo, die eine Gegenwart der Werke von April bis Herbst jedes Jahres in der Heimat verlangen, auf diese, vorn Standpunkte des Fremdenverkehrs nicht günstige Zeit vorverlegt werden.. Um somehr müssen sich die. Wiener .utru.die Ausi&eHüngnlsümBHrfrkM'i* -einen ;W yb Ben-Suchen ist! die Füllendes 'Gebotenen auch nicht zu' verarbeiten. Erfreulicherweise hat man sich entschlossen, Abonnementskarten, zum dreimaligen Besuch der Ausstellung aufzulegen. Alle Kunstfreunde Wiens sollten davon Gebrauch machen. Vom Erfolg dieser Schau hängt es ab, ob wir im nächsten lahr Ausstellungen von Cezanne, Gauguin und Münch nach Wien bekommen.

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