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Volksglaube inv Pharaonenreich

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Von Günther Boeder, W.-Spemann-Verlag, Stuttgart 1952, 273 Seiten, 1 Farbtafel, 16 einfarbige Kunstdrucktafeln, 68 Textbilder

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Von Günther Boeder, W.-Spemann-Verlag, Stuttgart 1952, 273 Seiten, 1 Farbtafel, 16 einfarbige Kunstdrucktafeln, 68 Textbilder

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Das Buch, das, wie der Verfasser im Vorwort eigens betont, nicht für den Ägyptologen, sondern für Nichtfadileutg geschrieben ist, enthält nach einem Vorwort und einer geschichtlichen Übersicht in sechs Kapiteln eine Darstellung der ägyptischen Religion, und zwar in folgender Weise: Die Entstehung der religiösen Vorstellungen: die geographischen Grundlagen: die Gottheiten und ihre Mythen; die Toten und ihr Jenseits; die Frömmigkeit im täglichen Leben und als Abschluß „Die Wirkung auf das Ausland".

Es ist hier im großen und ganzen alles Wesentliche enthalten, was wir an Material über die altägyptische Religion besitzen, wobei die Hieroglyphendarstellungen, die am Rand den Text begleiten und gleichsam als Stichwort sich auf den Inhalt beziehen, eine gute und originelle Idee sind.

So richtig und verläßlich überall auch das reine Tatsachenmaterial behandelt wird, so wenig befriedigend ist der Untergrund des Buches. Denn dieser ist — wie in den meisten Darstellungen der ägyptischen Religion — ein materialistischer. Etwas Psychologie, wie das heute in der Geschichtswissenschaft üblich ist, vermag Flachheiten noch nicht zu bannen, auch nicht der Versuch, die metaphsyische Tiefe dadurch auszuschöpfen, daß der Gottesbegriff „als mystische Erfahrung auf dem dunkeln Gefühl von der Allmacht jener Kräfte’ beruhte, „die die Welt einst hatten entstehen lassen und ... nun weiterlenkten“. Immer wieder begegnet uns das Materialistische: so wird aus dem Zusammenleben in der Familie im Diesseits auf einen Götterstaat im Himmel geschlossen oder es werden tiefsinnige Schöpfungsmythen als geschickte priesterliche Konstruktionen erklärt. Immer wird der Weg gleichsam vom Menschen zur Gottheit zurückgelegt, statt umgekehrt und alles religiöse Erleben letzten Endes aus bloßer Naturbeobachtung hergeleitet, was ebensowenig angängig ist wie die Ablehnung eines Monotheismus für das alte Ägypten. Gerade der Monotheismus ist — trotz der vielen Götter, die Glieder dieses Einen, sind — wesentlich für die altägyptische Religion und durch ein reiches Material zu belegen, wie Junker wiederholt dargetan hat. Auch die Probleme, die den Tierkult, die Epoche von Amarna, den Synkretismus oder die Sünde und damit im Zusammenhang die Osirisreligion berühren, wären etwas anders zu beleuchten.

Ferner sind die altägyptische Mentalität als konstanter Faktor und der Wandel des Ägyptertums im Laufe der Jahrtausende leider nicht berücksichtigt, was ein schiefes Bild ergibt. So wird immer uraltes Gut und ganz Spätes nebeneinander betrachtet, als hätte sich von den Tagen des Alten Reiches (3000 v. Chr, bis 2300 v. Chr.) bis zum Hellenismus (die Jahrhunderte vor Christi Geburt) nichts geändert. Das ist auch dann nicht angängig, Wenn das Buch, wie der Verfasser will, auf geographischer und nicht historischer Grundlage aufgebaut ist. Und wenn es von der Spätzeit, als die Griechen ins Land kamen, im siebenten und sechsten vorchristlichen Jahrhundert, heißt, daß „mit den willkommenen Waren der Hellenen“ ihr „Geist hereinströmte" und daß sich „aufgeklärte Ägypter ... gern ihrer freieren Kunst, ihrer Betätigung des Bürgers und ihrer lebensfrohen Gastlichkeit zuwandten, „die dem Diener der Pharaonen wie eine Fanfare der Freiheit erklingen mußten“, so ist das eine völlige Verkennung der Tatsachen.

Wer dieses Land, eine langgestreckte Oase in einer ungeheueren Wüste, „in die die Natur, wie Roeder sagt, „eine Spalte von ein paar tausend Kilometer Länge gerissen", jemals gesehen, wer die Schöpfungen dieses Volkes, das einer Hochkultur angehört — die geistigen und künstlerischen —, erlebt, der darf nicht von einem „Noch nicht" dieser Kultur sprachen. Gerade ihre Größe, die Tiefe der Symbolik sind so einzigartig und überwältigend, daß wohl das Göttliche hier sich besonders vernehmlich ausdrückte, um aus dieser Manifestation noch heute zu reflektieren.

Wer aber von dieser Einstellung absieht, für den bildet Roeders Buch eine ungemein reiche Quelle, aus der er ein großes Wissen schöpfen kann.

Mao-Tse-tung. Eine Biographie. Von Robert Payne. Wolfgang-Krüger-Verlag, Hamburg. 385 Beiten.

Wieviel immer bereits über die politischen und militätischen Erfolge Mao-Tse-tungs geschrieben worden sein mag — der Mann, der heute an der Spitze des 450-Millionen-Reiches China steht ist für den Westen von Rätseln umgeben. Dies mag zum Teil daher kommen, daß seine künftige politische Linie noch immer Gegenstand von mehr oder minder begründeten Kombinationen ist. Payne, der einem Kreis linksgerichteter amerikanischer Intellektueller zugehört, stellt nicht diese Frage. Er gibt eine sehr aufschlußreiche und ungewöhnlich interessante Darlegung von Mao-Tse-tungs politischem Werdegang und eine Deutung seiner Persönlichkeit und inneren Entwicklung: „Mao“, der Bauernsohn, der Student, der Sozialrevolutionär, der Dichter. Nach Jahren intensiver Vorbereitung, offener Kampf um die Macht. Bürgerkrieg, in dem der Härteste und Gewandteste obenbleibt, nach einem kaleidoskopartigen Wechsel von Siegen und Niederlagen. Endlich der Triumph über alle in- und ausländischen Feinde, die Auseinandersetzung und Abgrenzung mit dem befreundeten Sowjetrußland. Als Persönlichkeit: Freund der alten chinesischen Literatur und Philosophie, doch uninteressiert an Musik und darstellenderKunst. Für sich selbst im Grunde Ästhet, aber aus politischer Überzeugung, die bei ihm jedes Bewußtseinsfeld durchdringt und beherrscht, ein entschiedener Gegner jedes Ästhetizismus. Doktrinärer Revolutionär intellektueller Prägung und doch überzeugter Vertreter eines kommunistisch abgewandelten Primats der „Scholle". (Die „Gute Erde" entläßt ihn nicht aus ihrem Bann.) Auf alle Fälle: entschlußkräftig gebildet, wandlungsfähig, logisch konzentriert und robustpolitisch, militärisch und propagandistisch höchst begabt. Obwohl manches aus dem Gesichtswinkel der Vorliebe des Autors zu verstehen ist, ist die Lektüre des Buches von Wert und von Interesse: wegen dessen, das es aussagt, wie wegen dessen, das es übersieht. Carl Peez

Die Siedlungsverlegung im Zeitalter der Stadtbildung. Unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Raumes. Von Herbert Fischer, Privatdozent an der Universität Wien. Wiener rechtsgeschichtliche Arbeiten. Verlag Herold, Wien. 279 Seiten, Preis S 76.—.

Diese wissenschaftliche Arbeit zeichnet sich durch besondere Gewissenhaftigkeit und hervorragende Kenntnis der einschlägigen Literatur aus. Der Verfasser hat sich mit den rechtlichen und historischen Fragen beschäftigt, die mit der Siedlung und deren vielfältigen Veränderungen im Mittelalter, namentlich im 13. und 14. Jahrhundert, Zusammenhängen. Er beschreibt zunächst die Begriffe und Arbeitsmethoden dieses Forschungszweiges; sodann erörtert er die Ursachen sowie die rechtlichen Auswirkungen der verschiedenen Verlegungen von Städten und Märkten. Das Buch bietet nicht nur dem Fachgelehrten, sondern auch dem allgemein historisch und rechtshistorisch interessierten Leser eine große Fülle von Beispielen aus der Entwicklungsgeschichte heute noch bestehender Städte und Ortschaften Mitteleuropas im engeren Sinne und namentlich Österreichs. Die Lektüre erlaubt ungewohnte Einblicke in das Gemeinschaftswesen des Mittelalters und erklärt Ortsnamen, deren Sinn der heutigen Generation kaum mehr bekannt ist. Auf diese Weise darf man sagen, daß dieses Werk nicht nur von sehr anerkennenswerter Bedeutung für die rechtsgeschichtliche Forschung ist, sondern auch einen überaus schätzbaren Beitrag zur Geschichtsschreibung darstellt.

Herausgeber und Verlag haben sich mit der Schriftenreihe rechtsgeschitchlicher Arbeiten, die durch diese schöne Arbeit Dozent Herbert Fischers eröffnet wird, den Dank breitester Kreise verdient.

Dr. Trude Schmitz

Die Wallfahrten nach Adlwang im Lichte der Mirakelbücher (1620 bis 1740). Eine volkskundlich-kulturhistorische Studie. Von Edmund F r i e ß und Gustav G u g i t z. Buchreihe der österreichischen Zeitschrift für Volkskunde. Neue Serie, Band I. österreichischer Bundesverlag, Wien 1951. 74 Seiten.

In methodisch beispielgebender Zusammenarbeit zeigen die durch zahlreiche Arbeiten auf dem Gebiete der Volkskunde hochverdienten Forscher den geschichtlichen Aufbau und die Grenzen beziehungsweise die Phasen in der Kultdynamik Adlwangs, des „oberösterreichischen Mariazell", auf. Da6 von den Mönchen von Kremsmün6ter betreute Heiligtum erlangte in der größten Pestperiode Österreichs (1679 bis 1682), insbesondere im 18. Jahrhundert, unter den Wallfahrtskirchen des Landes die größte Bedeutung. Auch der Historiker, vornehmlich der Familienforscher, wird für die Landes- und Lokalgeschichte 60 manchen wertvollen Beitrag in den Buchungen der Adlwanger Mirakelbücher finden. Vier Bilder vollenden den Gesamteindruck einer barocken Volkswallfahrt.

Dr. P. Benno Roth O. S. B. (Seckau)

Wir erhielten von Herrn Kurt Ziesel zu der in unserer Nummer vom 5. April 1952 erschienenen Kritik des Herrn Kurt Strachwitz über einen Roman des Herrn Kurt Ziesel eine Entgegnung, aus der wir auf Grund des Urteils des Strafbezirksgerichts vom 14. Mai 1952 nachstehenden Teil zu veröffentlichen haben:

Sie schreiben: „Versöhnung mit Deutschlands Feinden von gestern? Verständigung und Zusammenarbeit auf nationaler Basis? Bereitschaft zu gesamteuropäischen Fühlen und Handeln? Gewiß, 6ehr gerne; aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Zuerst müssen „die anderen' ihre Schuld gegenüber den Deutschen bekennen und Wiedergutmachung leisten; und dazu gehört vor allem die Anerkennung des deutschen Führungsanspruches und sonstiger deutschnationaler Aspirationen."

Das ist unwahr. Ich habe an keiner Stelle des Romans verlangt, daß die „anderen" ihre Schuld gegenüber den Deutschen bekennen und Wiedergutmachung leisten müssen, ebenso habe ich in meinem Roman nicht die Anerkennung des deutschen Führungsanspruchs und sonstiger deutschnationaler Aspirationen verlangt, sondern im Gegenteil wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß es solche Ansprüche und Aspirationen nicht geben darf.

Flerr Schriftsteller Kurt Ziesel hat zu der von Kurt Strachwitz geschriebenen und von der „Furche" veröffentlichten Kritik seines Buches eine sehr umfängliche Berichtigung gesandt, deren Veröffentlichung wir wegen ihres dem Preßgesetz widersprechenden Inhalts ablehnten. In dem Presseprozeß, den Herr Kurt Ziesel darauf gegen die „Furche" an6trengte, erfolgte ein Freispruch de6 Blattes mit der Begründung des Presserichter6 Dr. Bauer, daß die Ablehnung „nicht grundlos" erfolgt sei. Aus dem sehr umfangreichen Berichtigungsschreiben wurde allein die vorstehende geringfügige Stelle als dem Pressegesetz gemäß erkannt.

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