7109936-1995_46_24.jpg
Digital In Arbeit

Vom verblassenden Glanz exilierter Fürsten

Werbung
Werbung
Werbung

Noch bis 31. Dezember 1995 läuft in Görz die Ausstellung „Ottocen-to di Frontiera. Gorizia 1780-1850, ArteeCul-tura” (19. Jahrhundert an der Grenze. Görz 1780-1850, Kunst und Kultur). Sie wird in zwei Teilen, und zwar im Museum im Burgviertel sowie in der inmitten eines 4,6 Hektar großen botanischen Gartens gelegenen Villa Coronini-Cronberg im Stadtviertel Grafenberg gezeigt.

Über 300 Objekte wurden aus privaten und öffentlichen Sammlungen in Italien, Österreich (Joanneum, Graz; Historisches Museum und Akademie der bildenden Künste, Wien), Slowenien und Frankreich zusammengetragen, um die Geschichte und die kulturelle Entwicklung einer Stadt zu illustrieren, die für einige Jahre vom verblassenden fürstlichen Glanz exilierter Na-poleoniden und Bourbonen aus ihrer tiefen Provinzialität gerüttelt wurde. •

Elisa Bonaparte-Baciocchi, vertriebene Großherzogin von Toscana, lebte von 1816 bis zu ihrem Tode 1820 in verschiedenen Villen in Triest, Görz und Villa Vicentina bei Gra-do. Mit ihr waren ihr Mann Feiice, ihre Geschwister Jeröme Bonaparte, Ex-König von Westfalen, und Caroline Murat, Ex-Königin von Neapel, in das von Franz I. gestattete österreichische Exil gekommen. Zu deren Hofstaat gehörten zahlreiche Künstler und Kunsthandwerker. Elisa galt als große Kunstliebhaberin und ließ sich vom nahen Aquileia „262 Fuhren römischer Steine und Statuen” nach Villa Vicentina bringen.

Karl X. von Bourbon kam 1836 über Prag nach Görz, wo er im selben Jahr in der Villa Coronini-Cronberg verstarb. Sein Sohn, der Herzog von Angouleme und dessen Frau Marie Therese (eine Tochter Marie Antoi-nettes), residierten im Palazzo Stras-soldo auf der Piazza Sant'Antonio. Nur wenige hundert Meter von hier entfernt, auf slowenischer Seite, liegt das Franziskanerkloster Castegne-vizza, wo die bourbonischen Gräber besucht werden können.

Die Schau illustriert anhand von Werken der Malerei, Bildhauerei und von Kunsthandwerk (Mobiliar, Silber, Kirchengerät, Mode et cetera) die kulturelle Prunkentfaltung der entmachteten Monarchen. Exponate aus den Bereichen Theater, Musik, Literatur und Verlagswesen runden das Bild dieser Zeit ab.

Neben Veduten von Görz und Umgebung und den Darstellungen österreichischer und französischer Herrscher des 18. und 19. Jahrhunderts (unter anderem auch Marie Antoi-nette und ihrer Kinder Marie Therese d'Angouleme und Ludwig XVII.), sind Objekte aus napoleonischer und bourbonischer Provenienz zu finden. Auffallend ein Obelisk aus dem Besitz von Elisa Baciocchi, ein Geschenk ihres Bruders Napoleon, gefertigt aus

Mineralien der Insel Elba. Weiters eine Porträtbüste Elisas von Antonio Canova, ein Porträt Karls X. von Francois Gerard, der Salon von Carolina Murat mit einem russischen Malachitschreibtischset, französische Leuchter und Uhren aus den Werkstätten von Tho-mire, Chau-mont & Lan-guerau.

Im Bereich der Malerei sind Werke unter anderem von Giuseppe Ber-nardino Bison aus Rouen, dem Mitglied der Wiener Akademie Francesco Caucig, Francesco Chiarottini, Heinrich Füger und dem „Gör-zer Amerling” Giuseppe To-minz zu sehen. Francesco Caucig (1755-1828) wurde von Graf Johann Philipp Cobenzl gefördert und an die Wiener Akademie geschickt, wo er - nach Studienjahren in Bologna und Rom - verschiedene Funktionen bekleidete. 1808 wurde er Direktor an der Wiener Porzellanmanufaktur. Sein Grab befindet sich auf dem Matzleinsdorfer Friedhof.

Giuseppe Tominz (1790-1866) war ein äußerst beliebter Porträtist der Görzer und Triester Gesellschaft seiner Zeit. Besonders originell ist sein äußerst lebendiges Selbstbildnis aus dem Museo Bevoltella in Triest. Es soll früher als Tür zum stillen Örtchen seines Hauses in Gradiscutta gedient haben. Vor einem neutralen Hintergrund hockt Tominz äußerst korrekt gekleidet und mit Uhrkette geschmückt, neben sich ein Zylinder, auf einem Brett. Die dezent heruntergelassene Hose und ein zerknülltes Papier in der Hand überraschen auch noch den heutigen Betrachter. Das überaus sympathische Gesicht des Malers und der private Charakter machen das Bild sehr ansprechend.

Leider.sind derzeit nur fünf von etwa 30 Räumen der Villa Coronini-Cronberg zu besichtigen. Obwohl die Katalogisierung und Restaurierung der überaus reichen Sammlung noch nicht abgeschlossen wurde, ist dieser relativ kleine zweite Teil einen Besuch wert.

Man darf sich auf die Vollendung der Arbeiten und die Bergung der bis heute noch unbekannten Schätze der überaus reizvoll gelegenen Villa im Grafenbergviertel freuen. Eines sei vorweggenommen: die Einrichtung und die Dekorationen scheuen keinen Vergleich mit Schönbrunn oder der Hofburg.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung