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Von China bis zum Mittelmeer: Gold, Glas, Seide

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Die Ausstellung „Weihrauch und Seide" im Palais Harrach präsentiert natürlich nicht die beiden begehrtesten Luxusgüter der Antike, sondern die Hinterlassenschaft der Völker entlang der alten Seiden- und noch älteren Weihrauchstraße.

Zugegeben: Der Zugang in den zweiten Stock, wo die 215 Exponate von 25 Leihgebern zu sehen sind, ist etwas umständlich, und die Räume sind klein im Vergleich zu jenen im bislang von Generaldirektor Wilfried Seipel für ähnlich große Expositionen genutzten Künstlerhaus. Das aber mindert nicht die Qualität der zwangsweise sparsam in der hauseigenen Dependance gestalteten Schau. In einer bestimmten Beziehung ist sie sogar einmalig. Werden doch nirgends sonstwo Objekte in dieser Zusammenschau vorgeführt. Etliche Fundgegenstände sind überhaupt erstmals zu besichtigen.

Als Leihgeber fungieren außer der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung, der Antikensammlung und dem Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums vor allem die Petersburger Eremitage, der Pariser Louvre und die Bi-bliotheque National de

France, das British Museum in London, die Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz in Berlin, das New Yorker Metropolitan Museum und andere.

Sie alle haben Münzen,Waffen-Gold- und Silbergeschirr, Glas, Statuetten, Schmuck, Reliefs, Fresken und Seidenstoffe zur Verfügung gestellt, wie sie in einem Zeitraum von rund 1.500 Jahren entweder auf der vom chinesischen Xian bis zum Mittelmeer führenden Seidenstraße und der von Südarabien nach Osten (Indien) und Norden (Mittelmeer) reichenden Weihrauchstraße transportiert oder in deren Umfeld geschaffen worden sind.

Weihrauch- und Seidenstraße waren nämlich bis weit ins Mittelalter hinein wohl in erster Linie Karawanenwege für Handelsgüter. Darüber hinaus waren sie auch Transportrouten für Kulturen, Ideen und Handwerkstechniken. So verbreiteten sich der Buddhismus und der Hellenismus über die Seiden-Straße und die Münzprägung wurde durch die Existenz der Weihrauchstraße beschleunigt. Außer manchen teilweise erst in den letzten Jahrzehnten entdeckten Schätzen wie den Münzen achaimenidischer, sassanidischer und baktrischer Prägeherren, die der Besucher mit einer Leuchtlupe betrachten kann, ragen besonders hervor: Ein elliptisch geschnittener Kameo aus Sar-donyx, die Grabstatuette eines gepanzerten und gesattelten Pferdes, ein Fläschchen aus blauem Glas, ein Glas in Form eines Fisches, ein silbernes Rhyton (Trinkgefäß) mit Greif, eine Silberschale mit der Darstellung einer Löwenjagd, die Kalksteinbüste eines gewissen Yarhai und eine Wandmalerei mit in einer Höhle meditierendem Bodhisattva.

Der Kameo veranschaulicht die Gefangennahme des römischen Kaisers Valerianus durch den sassanidi-schen Großkönig Shaupur I, im Sommer 260 n. Chr. Das Terrakottapferd aus dem 5./6. Jahrhundert n. Chr. ruft die Epoche der chinesischen Expansion entlang der Seidenstraße in Erinnerung, als China von den Mongolen die ersten kurzbeinigen Pferde übernommen hat. Das Fläschchen aus blauem Glas gehört wie das Glas in Form eines Fisches zum 1937 geborgenen „Schatz von Begram" (Afghanistan). Es stellt einen Höhepunkt griechisch-römischer Glasarbeit des ersten Jahrhunderts n. Chr. dar.

Das Rhyton besteht aus zwei Teilen, bei dem das untere Ende als gefiederter Greif mit Löwenpranken* gestaltet ist - ein typisches Motiv achaimenidischer Kunst. Die Silberschale gilt als sassanidisches Meisterwerk des vierten Jahrhunderts n. Chr., die Büste des Yarhai hat einst ein Grab in Palmyra Ende des zweiten Jahrhunderts n. Chr. geschmückt. Die miniaturhafte indische Wandmalerei, deren genauer Fundort unbekannt ist, wird ins achte Jahrhundert n. Chr. datiert.

Die Ausstellung läuft bis 14. April.

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