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Von Kunstausstellungen und Künstlern

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Einen beachtenswerten Beitrag zur künstlerischen Volkserziehung bietet die ,.K leine Galerie für Schule und Heim“ (VIII., Neudeggergasse 8) durch ihre Weih-nachtsatisstelkmg von Reproduktionen religiöser. Bilder, von Meisterwerken in meisterlicher Wiedergabe. Hier werden die wertvollen Bestrebungen verwirklicht, die dahin gehen, kitschigen Bildschmuck nach und nach auszuschalten und in Schule und Heim künstlerische Bilder einzuführen, die für den Käufer oder Bildabonnenten immer mehr und mehr zu einem Genuß und dauernden Gewinn werden sollen.

Meisterreprodtiktionen aus den bekanntesten Bildverlagsanstalten sind in dieser geschmackvollen Schau mit Geschick und mit besonderer Berücksichtigung des Weihnachtsfestes ausgewählt, darunter die köstlichen Weihnachtsbilder eines Martin Schongauer-, Albrecht Altdorf er, des Meisters Francke, Hans Memlings und Lucas Cranachs. Aber auch die niederländische und italienische Kunst ist mit Bildreproduktionen von Van Dyck, Rubens, Jan Brueghel d. J., Filippö Lippi und Raffaele Santi repräsentativ vertreten. Diese Bilderschau, die nunmehr auch in den verschiedenen Großbetrieben gezeigt werden soll, wird sicherlich vielen Menschen eine Stunde der Freude und innerlichen Besinnung schenken und der guten Kunst neue Freunde gewinnen.

Einer Anregung des Kulturamtes der Stadt Wien folgend, wird die Wiener Konzerthaus-gesellschaft in den Foyers des 1. und 2. Stockwerks Kunstausstellungen veranstalten, deren erste unter dem Motto „W iener Malerei zu Weihnachten 1 9 4 6“ am 15. Dezember eröffnet wurde. Da im allgemeinen die großen Massen der Bevölkerung nur schwer in Kunstausstellungen zu bringen sind, will man nunmehr den entgegengesetzten Weg beschreiten und Kunstwerke weiten Kreisen näherbringen. Die Besucher von Konzerten und anderen Veranstaltungen sollen die Möglid keit haben, in den Pausen Bilder und Graphiken zu sehen, die von zeitgenössischen österreichischen Künstlern geschaffen worden sind, wobei man anscheinend das Publikum mit modernen Kunstrichtungen bekanntmachen will. Der Gedanke ist rn sich seht glücklich und kann zweifellos von starker propagandistischer Wirkung sein. Nur wäre es vielleicht besser, psychologisch richtig vorzugehen und che ungeschulten Betrachter nicht mit einemmal vor die Werke des künstlerischen Radikalismus zu stellen, der bestimmt der mehr konservativen Grundeinstellung der überwiegenden Mehrheit der Besucher des Konzerdiauses nichts zu sagen vermag, ja sogar die Gefahr heraufbeschwört, das Kunstinteresse eher zu hemmen als zu fördern. Die phantastischen Brider und Graphiken von E. Fuchs, Hausner und Januschka, junger Wiener Surrealisten, visionäre Gesichte einer überhitzten Phantasie, werden trotz ihrer technischen Qualität auf den schlichten, ahnungslosen Betrachter wie quälende Angstträume wirken. Ob man auf diese Art das Verständnis für Kunstwerke fördert, ist zumindest fraglich.

Unter den übrigen Ausstellern stößt man auf im Wiener Kunstleben bekannte Namen, die allerdings auch nicht gerade mit ihren besten Werken vertreten sind. Von Oskar L a s k e sind einige gute Landschafts- ' und Stadtaquarelle zu sehen, Sergius P a u s e r kommt mit ein paar Bildnissen zur Geltung, Wilhelm Kauffmann mit dem ansprechenden „Schloß Weißlingen“. Die „Finnische Landschaft“ O. G a w e 1 s, eine heimische Landschaft Z ü 1 o w s, sowie die Pastelle Vilma Eckels und ein paar Arbeiten von Pewetz, Pregartbauer und O. Schatz mögen Erwähnung finden, aber auch sie vermögen nicht ganz zu befriedigen, da wir sie von einer besseren Seite her kennen. E. Stembergers „Verkündigung“ ist schwach, es fehlt dem Bild an Tiefe und künstlerischer Gestaltungskraft.

In aller Stille beging der Wiener Maler Ruzicka-Lautenschlager im August dieses Jahres seinen 50. Geburtstag in Peygarten im Kremser Bezirk, wohin er sich nach sdiweren Sdiicksalssschlägen zurückgezogen hat, da sein Wiener Künstlerheim bei den Fliegerangriffen im März 1945 vollkommen zerstört und sein malerisches Lebenswerk zur Gänze vernichtet wurde. Seit'1938 trat der in Wiener Kunstkreisen sehr geschätzte Maler nicht mehr vor die Öffentlichkeit, er verdient es aber, der Vergessenheit / entrissen zu werden, da er in verschiedenen Ausstellungen der Wiener Sezession durch seine künstlerisch wertvollen Arbeiten stets in angenehmstem Sinne aufgefallen ist. Ruzicka-Lautenschlager ist nicht nur ein ausgezeichneter Landschafter, dessen Bilder durch starken Stimniungsgehalt ausgezeichnet sind, sondern auch ein feinfühliger Blumenmaler und vorzüglicher Naturbeobachter, dessen Bild „Aquarium“ seinerzeit durch die lebendige Gestaltung des Gegenständlichen und die noble Farbengebung ein gewisses Aufsehen erregte. Für die Kirche in Mauer hat er 1938 ein sehr schönes Glasfenster geschaffen „Gloria in excelsis Deo“, das durch Stil und Gestaltung einen wertvollen Schmuck dieses Gotteshauses darstellt.

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