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Von Landschaftsmalern aus Holland beeinflußt

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Die Bedeutung der „Haager Schule" für das Frühwerk von Vincent van Gogh (1853 bis 1890) soll anhand von rund 160 Exponaten in dieser Ausstellung herausgearbeitet werden. Die Schau „Van Gogh und die Haager Schule" zeigt die Entwicklung des Autodidakten van Gogh in den Jahren 1881 bis 1886, von den künstlerischen Anfängen in Holland bis zu seiner Übersiedlung nach Paris, wo sich die Farbigkeit und der Stil seiner Bilder grundlegend änderten.

Bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich in Den Haag eine Bewegung von Malern gebildet, die Künstlervereinigung „Pulchri Studio", aus der sich um etwa 1870 die sogenannte „Haager Schule" formierte. Ihr gehörten unter anderem Jacob und Willem Maris, Hendrik Mesdag, Jozef Israels, Anton Mauve sowie Jan Hendrik Weissenbruch an.

Vorbild war die französische „Schule von Barbizon", deren Vertreter -Camille Corot, Diaz de la Penas, Troy-on, Jules Dupre, Theodore Rousseau, Jean-Francois Millet und Charles Francois Daubigny - sich in den dreißiger Jahren in Barbizon, in den Wäldern von Fontainebleau bei Paris, während der schönen Jahreszeit eingefunden hatten, um mit ihrer Pleinairmalerei neue künstlerische Wege zu gehen. Bisher hatte man Landschaften in den Ateliers gemalt und im Freien waren allenfalls die Vorzeichnungen entstanden. Als klassisches Vorbild dienten neben Landschaftsbildern im Louvre von holländischen Meistern des 17. Jahrhunderts auch Reiseeindrücke aus Holland.

Vor allem Willem Roelofs war es zu verdanken, daß er das holländische Vorbild der Schule von Barbizon erkannte und die Freilichtmalerei in seiner Heimat in Mode brachte. Kennzeichnend für die Haager Künstler ist die dunkle, erlesene Farbpalette mit Silber- und Grautönen, sind die hohen Himmel und impressionistische Elemente. Typisch die Marinemalerei mit kargen Küstenlandschaften (vornehmlich bei Den Haag), die Weiden- und Flußlandschaften mit Tieren, Bauern und Windmühlen und die Stadtlandschaften: Den Haag erlebte zu dieser Zeit einen enormen Bauboom. Die Werke der jungen

Holländer fanden zunächst über die Kunsthandlung von Vincent van Gogh (dem „Onkel Cent") begeisterte Aufnahme in englische und amerikanische Sammlungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verblaßte jedoch der Ruhm dieser Künstler.

Vincent van Gogh war als Maler ein Spätberufener, zweimal war er bei dem Versuch gescheitert, sich in den von der Familie vorgezeichneten Bahnen zu bewegen. Sein Vater Theodoras war protestantischer Pastor der Groninger Partei, drei Onkel waren im Kunsthandel tätig. Mit 16 Jahren trat er als Lehrling bei seinem Onkel und Paten in Den Haag ein. Später wurde er in die Londoner Filiale und in das Hauptgeschäft der Pariser Kunsthandlung Goupil versetzt, die das Unternehmen des Onkels weiterführte.

Während dieser Zeit wurde er mit allen wichtigen Werken seiner Zeit vertraut und lernte Künstler kennen, unter ihnen auch Haager.Künstler. Eine erste unglückliche Liebe in London ließ ihn aber jegliches Interesse am Verkauf verlieren, 1876 wurde er entlassen. Seine Nachfolge trat sein jüngerer Bruder Theo an, der ihn ein Leben lang finanziell unterstützte und die ihm dafür überlassenen Bilder sorgfältig aufhob. Die über 600 Briefe von Vincent an Theo sind ein wichtiges Dokument zur Erforschung des Menschen Vincent.

Von 1877 bis 1879 bereitete sich Vincent bei Onkel Jan in Amsterdam auf ein Theologiestudium vor und versuchte sich als Laienprediger in der Bori-nage, einem belgischen Kohlerevier. Auch dieser zweite Versuch einer Berufsfindung schlug schließlich fehl. Nach einer Reise beschloß van Gogh an die Akademie in Brüssel (1880/81) zu gehen, verließ diese aber nach kurzer Zeit wieder. Er blieb Autodidakt, zeichnete und malte nach Reproduktionen. Theo machte ihn mit Anthon van Rappard und Willem Roelofs bekannt. In einer Ausstellung sah er Werke der Haager Maler. Er ging nach Den Haag (1881 -1883) und wurde mit Vertretern des Kreises bekannt. Vincent hielt sich vor seiner Ab-_ reise nach Paris (1886) viel bei seinen Eltern in Nuenen (1883-1885) auf, wo fast 200 Gemälde, zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen für verschiedene Zyklen entstanden: Landschaften, Stilleben (ein Teil davon in symbolischer Auseinandersetzung mit dem Tod des Vaters 1885), Bauern bei ihrer täglichen Arbeit während des ganzen Jahres und Weber an ihren monumentalen Maschinen.

Der Bilderzyklus „Die Kartoffelesser" war ihm besonders wichtig. Er zeigt Kartoffelbauern, die sich nach getaner Feldarbeit zu ihrem kargen Mahl unter einer Lampe an einem Tisch versammeln, und deren Gestalten den von ihnen geernteten Früchten gleichen.

In der Entwicklung van Goghs wurde bisher die Zeit in Den Haag kaum beachtet. Absicht der Ausstellung ist eine Neubewertung des Frühwerkes van Goghs und der Bedeutung der Haager Schule für diese Periode der Selbstfmdung.

Die Werke wurden aus den großen europäischen und nordamerikani sehen Sammlungen zusammengetra gen. Diese Ausstellung wird aus schließlich in Wien gezeigt. (28.2. bi > 27. 5. 1996 im Kunstforum der Bank Austria, täglich 10-18 Uhr, Mittwocfy bis 21 Uhr)

Die Autorin ist

Kunsthistorikerin und freie Journalistin.

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