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Fritz Wotruba als Künstler und als Motor moderner Kunst in Wien und die Sammlung Kamm - die größte Kollektion österreichischer Moderne im Ausland.

Die Generation der heute sechzigjährigen Künstler senkt noch ehrfurchtsvoll den Blick, fällt der Name Fritz Wotruba. Junge Kunststudenten schütteln hingegen ratlos den Kopf, fragt man sie nach der Bedeutung und dem Werk dieser die Kunstszene der österreichischen Nachkriegszeit dominierenden Gestalt. Wohl kaum eine heimische Künstlerpersönlichkeit war zu Lebzeiten so einflussreich und bald darauf so vergessen wie Fritz Wotruba.

Jahrzehnte zierte Wotrubas "Großer liegender Jüngling" die Rampe vor der Albertina. Jetzt ehrt eine Ausstellung im Inneren des neurenovierten Hauses den 1975 verstorbenen Künstler. Dabei geht es nicht nur um eine längst fällige Präsentation des Bildhauers und Zeichners Fritz Wotruba, sondern auch um das Aufzeigen dessen kulturpoltischer, kunsttheoretischer und kuratorischer Tätigkeit. Was vor der Besichtigung der Schau durch das Schiele-Bild und die Fülle an Namen auf dem Plakat (Gustav Klimt bis Paul Klee. Wotruba und die Moderne) verwirrend erscheint, erschließt sich während des Ausstellungsrundgangs. Denn die Schau ist zweigeteilt. In der Säulenhalle ehrt man zunächst den Zeichner und Bildhauer in einer reduzierten und stimmigen Gestaltung. Entwurfsskizzen, Zeichnungen und große Steinskulpturen aus dem Besitz der Albertina, der Sammlung Kamm im Kunsthaus Zug und vom Wiener Wotruba-Verein bringen dem Besucher die konsequente Haltung des Künstlers, seinen unverkennbaren Stil und die stoffliche Sinnlichkeit seiner "rau-groben" Plastiken nahe.

Wotrubas Entwicklung

Anhand von ausgewählten frühen Arbeiten wie "Büste eines jungen Mannes" (1932) und späten kubischen Plastiken wie "Große stehende Figur" (1966) lässt sich die künstlerische Entwicklung Wotrubas ausgehend vom Figuralen bis hin zur abstrahierenden Vereinfachung der Formen wunderbar nachvollziehen. Besonders überzeugend ist die Gegenüberstellung von grafischen Arbeiten und Skulpturen. Denn hier wird sichtbar, wie einheitlich Fritz Wotruba in allen Medien seinem skulpturalen, dreidimensionalen Denken nachging und zugleich mittels eines dynamischen Striches Zeichnungen schuf, die jenseits ihrer Verbindung zu den Skulpturen für sich bestehen können.

Ein Geschoß höher bekommt man hochwertige Werke der klassischen österreichischen und internationalen Moderne zu sehen. Sie stammen zum Großteil aus der Sammlung Kamm. Die heute im Kunsthaus Zug untergebrachte Sammlung ist die größte Kollektion österreichischer Moderne im Ausland. Der Bezug zu Fritz Wotruba ist über dessen Schweizer Exilzeit während des Zweiten Weltkriegs gegeben. In Zug lernten der vor den Nationalsozialisten geflüchtete Bildhauer und seine Frau Marian das Bankiersehepaar Fritz und Editha Kamm kennen. Bald entwickelte sich eine Freundschaft, die für beide Seiten fruchtbar war. Fritz Kamm unterstützte Wotruba finanziell durch den Ankauf seiner Werke, umgekehrt wuchs in dem Bankiersehepaar erst durch die Begegnung mit dem Wiener Bildhauer das Interesse für bildende Kunst.

Die Sammlung Kamm in Zug

Auf Empfehlung Fritz Wotrubas, der 1945 als Akademieprofessor nach Wien zurückkehrt, erwirbt Kamm 1952 die Galerie Würthle. Die traditionsreiche Herberge für moderne Kunst war 1949 an die jüdische Eigentümerin Lea Jaray-Bondi restituiert worden.

Fritz Kamm erklärt seinen Bildhauer-Freund zum künstlerischen Leiter der Galerie, der diese bis 1964 führt - mit dem Ziel, sie "zu einem erzieherischen Vorposten der zeitgemäßen europäischen Kunst auszubauen".

Die Galerie Würthle in Wien

Die Galerie fungierte somit bis zur Eröffnung des "20er Hauses" 1962 als geistiges Zentrum der Moderne in Wien. So kam es etwa 1957 zu einer Schau des damals unbekannten Richard Gerstl, zu Schiele- und Kokoschkaausstellungen, auch zur Präsentation des zeichnerischen Werks von Oskar Schlemmer. All diese Künstler finden sich jetzt in der Albertina neben zahlreichen anderen Protagonisten der Avantgarde wieder. Es handelt sich dabei aber nicht, wie man vielleicht vermutet hätte, um ein bloßes Zusammenkarren an publikumswirksamen Namen. Beim Gang durch die einzelnen Künstlern und Themen gewidmeten Räume entdeckt man ausgefallene und besonders schöne Stücke gerade in Wien vertrauter Größen. Ungewohnte Aspekte eines Künstlers kommen zum Vorschein.

So betonen etwa Illustrationen Oskar Kokoschkas zu seinem lyrischen Werk "Die träumenden Knaben" und die Zeichnungen zu seinem Drama "Mörder, Hoffnung der Frauen" die literarisch-bildnerische Doppelbegabung dieses wichtigen Wegbereiters der Moderne. Zu den Höhepunkten der Schau gehört der Saal mit den Bildern und Zeichnungen Richard Gerstls, von dem die Sammlung Kamm 18 Werke besitzt. Die Ölgemälde "Gruppenbildnis mit Schönberg" und "Familienbild Schönberg" zeigen dem staunenden Besucher, wie weit voraus dieser Maler seiner Zeit war. Der aufgelöste, pastose Pinselstrich und das Sich-Auflösen der Figuren im Bildhintergrund ließen vermuten, es handle ich um Bilder der sechziger Jahre - und nicht um Werke, die bereits 1907 entstanden sind. Wie weit wäre dieser Künstler wohl gekommen, hätte er seinem Leben nicht 1908 selbst ein Ende bereitet.

Von Gustav Klimt bis Paul Klee -

Wotruba und die Moderne

Albertina, Albertinaplatz 3, 1010 Wien. Bis 14. März tägl. 10-19 , Mi bis 21 Uhr Information: www.albertina.at

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