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Digital In Arbeit

Wandmalereien für die Endlichkeit

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Großformatige Aluminium-Tafeln, mit starkfarbigen Ölstift-linien kreuz und quer bemalt oder*bezeichnet, stehen im Atelier, daneben ein großes Ölbild mit starkem Farbauftrag. Außerdem: „Ruß-Bilder”. Auf verrußten schwarzen Glaselementen finden sich in der Art eines Negativs dünner oder dicker gezeichnete Linien oder Gestalten. Die aktuellsten Werke Otto Zitkos kann man aber nur vor Ort bewundern, dort nämlich, wo sie entstehen: an den Wänden oder auch an den Decken von Galerie- oder Ausstellungsräumen.

Ende der achtziger Jahre hat der diesjährige Otto Mauer-Preisträger weiße Wandflächen, manchmal mehr als 20 Meter lang und mehrere Meter hoch, als Untergrund für seine künstlerische Arbeit genommen -ohne Entwurf am Papier, ohne Vorzeichnung am Untergrund. Es sei jedesmal eine Herausforderung, vor der weißen Fläche zu stehen - oft auf einem Gerüst - und die schwarzen, roten, blauen oder in sonst einer starken Farbe gehaltenen Linien daraufzusetzen, sagt der Künstler. Und nach Beendigung der Ausstellung werde sein Werk wieder übertüncht ? Ja, das sei dann Angelegenheit des Museums, der Galerie - abhängen könne man es nicht.

Eben hat Zitko seine Arbeit im „Museum für zeitgenössische Kunst” in Gent beendet, in dessen Treppenhaus er ein Feld von etwa zwölf mal

15 Metern bemalt hat - die Arbeit dauerte etwa vier Wochen.

Der 1959 geborene Zitko ist in Wels aufgewachsen und hat bereits als Dreizehnjähriger seine Berufsentscheidung gefällt. 1977 ging er nach Wien an die Hochschule für angewandte Kunst und belegte Kunsterziehung - ein Kompromiß mit dem

Elternhaus. Er war Schüler von Herbert Tasquil, für den immer die Studenten und nicht sein eigenes Schaffen im Vordergrund standen.

Bereits Ende der siebziger Jahre waren in Tasquils Klasse Video-Kunst, Performance und Fotografie ebenso zugelassen wie Malerei oder Graphik. Die Studenten mußten sich mit den verschiedensten Medien auseinandersetzen, man fand Gleichgesinnte, mußte die eigene Position verteidigen. Eine Vielzahl heute anerkannter Künstler stammt aus der Klasse Tasquils.

Schon im Elternhaus gab es künstlerische Ambitionen: Der Großvater väterlicherseits war Hobbymaler, die Begegnung mit dessen Nachlaß - vertrockneten Malfarben - wurde für den Sieben-, Achtjährigen entscheidend. Ein Großonkel unterrichtet an der Kunstakademie in Graz.

Die Idee, Wände zu bemalen, entstand im Jahr 1988, als Zitko nach Beendigung seines Zivildienstes nach einem flexibleren Medium' als der. Leinwand suchte.

Erste großformatige graphische Arbeiten auf mit Papier bespannten Holztafeln entstanden. Dann war es nur die logische Konsequenz, Wände und Decken als Zeichengrund zu verwenden. „Mir geht es darum, mit dem Strich in die Tiefe zu gehen”, sagt Zitko.

Bei den Ruß-Bildern arbeitet der Künstler durch Auswischen der Linien oder Felder aus der gerußten Fläche mit der Hand, mit Nägeln und Taubenfedern. Oft unterlegt er die Arbeit mit Papier, durch den hellen Untergrund werden die Linien deutlicher. Manche Objekte sind an der Wand befestigt und von beiden Seiten zu betrachten.

Im vergangenenFrühjahr hat Zitko seine starkfarbigen Ölstiftzeich-nungen auf riesigen Alutafeln in der Wiener Galerie König präsentiert.

Verkauft sich so etwas? Das sei eine ganz neue Techni.k, da müsse man abwarten, meint der Künstler.

Das Foyer des Hauptgebäudes der Firma Wienerberger in Wien hat Zitko 1994 mit farbigen Ölstiftzeich-nungen geschmückt. Will der Auftraggeber da nicht Entwürfe sehen? Er könne nur Beispiele vorlegen, das Original entstehe erst an Ort und Stelle, in jedem Raum anders. Die architektonischen Gegebenheiten spielten dabei natürlich eine Rolle. Es gehe um die Beschaffenheit der Wand, um die Raumgröße, um Nebenräume, bei einer Ausstellung sei wichtig, ob es sich um eine Gruppenoder Einzelausstellung handle.

Daß jede neue Arbeit anders ausfalle als eine vorhergegangene, das mache diese Arbeit spannend und zur Herausforderung. Meist stünde nur rund eine Woche Zeit für die Ausführung zur Verfügung. Den Anspruch, etwas für die Ewigkeit zu schaffen, findet der Künstler einfach nicht mehr zeitgemäß. Gerne würde er eine Kuppel mit seinem Werk schmücken, „aber ich muß mich nicht mit Michelangelo vergleichen”.

Aus dem Jahr 1992 stammen sogenannte Spirogramme - „Atemzeich-iiungen”. Eis sind Diagramme von medizinischen Atemfunktionsunter -suchungen, die übereinander fotografiert ein Grundmuster ergeben. Zitko hatt sie damals in der Wiener Galerie Pakesch ausgestellt. Ihn hat daran die Reduktion des Menschen auf die Lungenfunktion, auf den Lebenshauch, interessiert.

Zitko empfindet die Verleihung des Otto Mauer-Preises als Ehrung, er weiß den Einsatz des Priesters Otto Mauer für die moderne Kunst in Österreich zu schätzen. Auch für Günter Rombold, den Jury-Vorsitzenden des Otto Mauer-Preises empfindet er große Hochachtung.

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