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Werner Berg in München

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Immer mehr setzt sich in den Kunst Zentren des Auslandes die Überzeugunj durch, daß die moderne Malerei in Österreich nicht nur durch den einen Namer Oskar Kokoschka repräsentiert wird, sondern daß es neben ihm hier noch ein: Reihe weiterer sehr beachtlicher Potenzer gibt. Eine der eigenartigsten und interessantesten unter ihnen ist Werner Berg der seit mehr als drei Jahrzehnten einer Bauernhof im Kärntner Unterland, den alten Wetterwinkel zwischen Drau unc Krain, bewirtschaftet. Als das „Kunstwerk“, eine der wenigen großen Kunstzeitschriften Deutschlands, das sein Interesse im allgemeinen den aktuellen abstrakter Tendenzen zuwendet, eine Sondernummer den Möglichkeiten einer „realistischen“ oder „gegenständlichen“ Malerei in unsere: Zeit widmete, war es gerade Werner Berg, den man bat, stellvertretend für alle nichtabstrakten Maler das Wort zu ergreifen. Er tat es in einem sehr schönen, sehr persönlichen, nachdenklich machenden kleinen Essay — die Leser det „Furche" haben dieses sein „Bekenntnis zum Gegenständlichen“ inzwischen auch kennenlernen können. Es ist vielleicht günstig, wenn man die große Werner- Berg-Ausstellung, die Dr. Hans Konrad Röthel jetzt im repräsentativen Rahmen der Städtischen Galerie in München zeigt, nach einem Besuch in Stuttgart sieht.

Im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart ist nämlich gerade jetzt die größte Ausstellung moderner Kunst nach dem Krieg in Deutschland zu sehen — Bilder, die von Roman Norbert Ketterer auf seiner 36. und bisher größten Auktion zu Anfang Mai im Sendesaal des Süddeutschen Rundfunks versteigert werden; man spricht davon, daß lie hier vereinigten an die 500 Gemälde md Aquarelle zusammen mit den an die 1000 Graphiken einen Wert von rund :ehn Millionen D-Mark darstellen. Ein Kernstück dieser Ausstellung bilden die Bilder der deutschen Expressionisten, denen įeit jeher das besondere Augenmerk Ketterers gilt, die Bilder der Nolde, Kirchmr, Heckel, Schmidt-Rottluff, Pechstein, Mueller. Vielleicht erkennt man den Rang ler Malerei Werner Bergs nur richtig, venn man sie an den Brücke-Künstlern oder an Malern wie Jawlensky mißt. Hier hat sie ihr Bezugsystem, mit ihnen verglichen, wird die besondere Leistung Bergs erst deutlich. Seine Kunst ist Expressionismus in der Phase II (der Ausdruck stammt von Gottfried Benn), ist nicht mehr Eruption und Aufschrei, sondern Klarheit und Objektivität bei allem Ausdruck. Ausdruck, aber auf die Dinge der Außenwelt gerichtet, mit größter Achtung vor dem Gegenstand, vor den Dingen, vor der Schöpfung.

Die Münchner Berg-Ausstellung, die ausgezeichnet gehängt ist, umfaßt 54 Ölbilder und je 30 Holzschnitte und Skizzenbuchblätter, Aufzeichnungen des Künstlers vor der Natur, auf dem Bleiburger Wiesenmarkt, auf Prozessionen und Wallfahrten, auf der Straße und im Garten. Die deutsche Presse — vor allem Fritz Nemitz in der „Süddeutschen Zeitung“ — hat die Ausstellung sehr gut aufgenommen. Hier wird die allmähliche Entwicklung eines Künstlers dokumentiert, der gewachsen und doch sich selber treu geblieben ist. Mit allen Sinnen dem ländlichen Jahreslauf zugewandt, hat er doch den ganzen Erdkreis eingefangen — wie in den „Strohblumen im Wintermond“. Wer hat, seit Nolde und Rohlfs, so wie Berg Blumen gemalt?

Jede neue Begegnung mit den Bildern Bergs überzeugt davon, daß hier, abseits von allen aktuellen Tendenzen, und darum von vielen übersehen, in aller Stille ein Mann arbeitet, der immer wieder Werke großer Kunst schafft.

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