Wie sich die Moderne ihren Weg bahnte

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"Am deutlichsten ist der österreichische Einfluss bei Ivan Mestrovi´c zu sehen. Sein 'Brunnen des Lebens' greift zahlreiche Themen auf -offensichtlich von Gustav Klimts 'Beethovenfries' inspiriert."

Klein-Wien in der Hauptstadt von Kroatien und Slawonien? Fast hat man den Eindruck, orientierten sich die Intellektuellen doch um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert stark an der Metropole der Habsburger-Monarchie. Das "Grüne Hufeisen" in Zagreb wurde zum Pendant der Wiener Ringstraße, die Kaffeehäuser zum Treffpunkt der Bourgeoisie, Prachtbauten entstanden und auch die bildenden Künstler tauchten ein in Geist und Kultur der Zeit. Sie kamen aus den Kronländern nach Wien und saugten zahlreiche Einflüsse auf, die sie im Anschluss mit nach Hause nahmen. Die Ausstellung "Herausforderung Moderne -Wien und Zagreb um 1900" im Belvedere versucht, die Beziehung zwischen heimischen und kroatischen Künstlern zu erforschen, auf Malerei ebenso bezogen wie auf Architektur, Bildhauerei und Kunsthandwerk.

Zagreb hatte damals keine Kunstakademie, weshalb die Künstler schon allein für die Ausbildung den Weg nach Wien wählten, wo sie an Kunstakademie und Kunstgewerbeschule studierten und hier um 1900 die Gründung der Secession und den Kampf um die Freiheit der Kunst miterlebten.

Die dicht gehängte Schau beginnt ihren chronologischen Abriss im ausklingenden Historismus, hängt Matsch neben Vlaho Bukovac und zeigt, wie sich die Moderne ihren Weg bahnte. Bukovac war Gustav Klimts kroatisches Pendant. Die Ähnlichkeit liegt dabei nicht so sehr in den Gemälden selbst, auch wenn man in der Ausstellung Klimts "Frauenbildnis" und Bukovac "Porträt von Vilva Babic´ Gjalski" als Beispiele des Einflusses nebeneinander hängt, in denen die Damen in selber Manier und Bekleidung dargestellt sind. Vielmehr aber gleichen sich die Lebensläufe: Klimt und Bukovac waren Präsidenten der selbst gegründeten Vereinigung, die sich von der Kunsttradition loslöste, beide setzten Maßstäbe in der Entwicklung der Kunst ihres Landes in Richtung Moderne.

Kulturaustausch

Nicht nur Bukovac und Klimt hängen nebeneinander, auch Landschaftsdarstellungen von Moser, Moll und Klimt werden durch einen weißen Strich von solchen von Dragan Melkus und Oton Ivekovic´ getrennt und stellen sich dem Vergleich. Klare Parallelen werden in den Vitrinen präsentiert, wenn ein Kaffee-Service von Tomislav Krizman die selben weiß-schwarzen Linien aufweist wie eines von Josef Hoffmann.

An den Wänden der Orangerie stellen Fotos gegenüber, wie Architekten wie Vjekoslav Bastl, Ignjat Fischer und Viktor Kovaci´c Otto Wagner zu ihrem Vorbild erkoren, Bastls Kallina-Wohnhaus in Zagreb ähnelt etwa dem Majolikahaus Wagners stark, beide Fassaden sind mit Keramikfliesen bestückt. Ein eigener Abschnitt widmet sich kroatischen Künstlerinnen, von denen Leopoldine Auer Schmidt ebenso wie ihr Mann, Robert Auer, unter den Entdeckungen der Schau sind.

Am deutlichsten ist der österreichische Einfluss aber bei Ivan Me strovi´c zu sehen. Sein "Brunnen des Lebens", dessen Original vor dem kroatischen Nationaltheater steht und dessen Modell hier präsentiert wird, greift zahlreiche Themen auf, die offensichtlich von Gustav Klimts Fakultätsbildern und seinem "Beethovenfries" inspiriert worden sind. Liebende Paare, alternde Männer, gequälte menschliche Körper findet man in diesem finalen Abschnitt der Ausstellung. "Me strovi´cs Arbeiten können durchaus als 'Übersetzungen' von Klimts Themen und Motiven in sein ihm eigenes Medium betrachtet werden," so Kuratorin Irena Kras evac. Auch war Mestrovic der einzige kroatische Künstler, der ordentliches Mitglied der Secession wurde. Er sei außerdem der einzige, von dem sich Kuratorin Kras evac zu behaupten traut, er habe Einfluss auf österreichische Kollegen gehabt.

Aufbruchstimmung

Trotz all der Fülle an Beispielen von Wiener und Zagreber Künstlern geht es nicht vorrangig um direkte Vergleiche und augenscheinliche Ähnlichkeiten. Dazu hätten die kroatischen Arbeiten teilweise anderer Pendants bedurft. Auch die Kuratorinnen sagen, es sei einiges eher "wie Echos" erkennbar. Vielmehr sei es, so Direktorin Stella Rollig, "gar nicht so sehr eine museale Ausstellung, sondern eine, die mitnimmt in die Salons. Was hier gelingt, ist, Zeitatmosphäre zu kreieren." Klar wird: Es herrschte Aufbruchstimmung -da wie dort.

Herausforderung Moderne -Wien und Zagreb um 1900 bis 18. Februar Orangerie im Unteren Belvedere, Wien täglich 10 bis 18 Uhr, Freitag bis 21 Uhr www.belvedere.at

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