Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Zeichnungen, Zeichen der Zeit
Amerikanischer Initiative ist es zu verdanken, daß eine der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands erstmals nach 1958 und 1969 wieder einen Teil ihres reichen Bestandes an Zeichnungen der Romantik ausstellt: in einer exzellenten Auswahl werden rund 80 Blätter von 49 Künstlern nach Weimar nun in München, dem Heimatort der Sammlung, gezeigt.
Die damals führende Kunstgattung der Zeichnung spiegelt wie kaum eine andere den Geist der Zeit, ist darüber hinaus Seismograph für die individuelle künstlerische Handschrift und Intention.
Im zeitlichen Rahmen zwischen 1750 und 1850 spannt sich der Bogen von Daniel Chodowiecki mit der Bleistiftzeichnung eines 1 )amenkränz-chens nach Vorbild niederländischer Interieurs des 17. Jahrhunderts bis zu Adolph Menzels Pastell „Das Opernglas”, das schon auf Toulouse-Lautrec und Degas hinweist. Die Berliner Künstler bilden somit den Eckpfeiler der weitgehend chronologisch konzipierten Ausstellung, die Arbeiten von höchster Qualität zu Gruppen beziehungsweise Schulen zusammenfaßt.
Vom Aufbruch des „Sturm und Drang” bilden ein Früh- und ein Alterswerk des Dichterfürsten Johann
Wolfgang von Goethe gleichsam das inhaltliche Scharnier zu den Werken der Dresdner Schule - Caspar David Friedrichs Aquarell „Die Elbquelle im Riesengebirge” - der Nazarener -etwa Oliviers Bleistiftzeichnung der Feste Hohensalzburg oder die Inkunabel des romantischen Freundschaftsbildes von Overbeck/Cornelius. Die überaus heitere Farbigkeit der Münchner Schule vertritt herausragend Johann Georg von Dillis mit seinen fast impressionistisch lichtdurchfluteten Aquarellen des englischen Gartens.
Die hochkarätige Ausstellung belegt die unterschiedlichen künstlerischen Intentionen dieses von Auf- und Umbrüchen gekennzeichneten Jahrhunderts: Dürer-Bezeption, Anlehnung an die italienische Renaissance, vor allem an Raffael, klassizistische und vaterländisch-mittelalterliche Inhalte, Aufbruch aus der Akademie längst vor allen Künstlerkolonien und auf die Kunst des 20. Jahrhunderts hinweisende, überaus modern anmutende Inventionen.
Bis 9. November
Haus der Kunst, Prinzregentenstr. 1, D-805)8 München. Dienstag bis Freitag 10 bis 22 Uhr, Samstag bis Montag 10 bis 18 Uhr.
Die Ausstellung wird anschließend im Städelschen Kunstinstitut, Frankfurt (27. November bis 19. Januar 1998), im Busch-Reisinger Museum, Howard Universily (4. April bis 7. Juni 1998), in The Frick Collection, New York (23. Juni bis )0. August) und in The J. Paul Getty Museum, Los Angeles (IS. September bis 29. November) gezeigt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!