Zeitreise ins Heilige Land

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"Mit Szepter und Pilgerstab"begibt sich eine Ausstellung im Wiener Dom- und Diözesanmuseum auf die Spuren der ersten Pilger nach Israel: Kaiser Franz Joseph war auch dabei.

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"Mit Szepter und Pilgerstab"begibt sich eine Ausstellung im Wiener Dom- und Diözesanmuseum auf die Spuren der ersten Pilger nach Israel: Kaiser Franz Joseph war auch dabei.

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Eine Reise ins Heilige Land war im Jahr 1896 ein Abenteuer. Zog ein Monarch vom Format Kaiser Franz Josephs die Pilgerschuhe über, fanden sich unzählige Chronisten, um dieses Ereignis für die Nachwelt festzuhalten. Das Wiener Dom-und Diözesanmuseum hat die regen Kontakte zwischen dem Habsburgerreich und dem Heiligen Land, die damals die Wiener Welt bewegten und danach in Vergessenheit gerieten, dem Dornröschenschlaf in diversen Archiven entrissen: Die bedeutende Rolle Österreichs als Schutzmacht der Juden in Palästina kommt dabei zum Vorschein. "Diese Ausstellung ist ein Versuch, im politischen Niemandsland zu zeigen, dass kulturelle Beziehungen zwischen Österreich und Israel immer da waren und das Habsburgerreich nie als Kolonialmacht, sondern in durchaus positiven Beziehungen seit Jahrhunderten im Orient präsent war", erklärt Direktor Gerhard Ederndorfer die Motivation zu der Ausstellung "Mit Szepter und Pilgerstab".

"Oesterreich kann mit den Sympathien des Orientes zufrieden sein!", kommentierte Beda Dudik, der Reisekaplan des Kaisers, 1896 die freundliche Aufnahme des österreichisch-ungarischen Monarchen im Nahen Osten. In einem Buch von eindrucksvollem Format, der "Kaiser-Reise nach dem Oriente" dokumentierte er die längste Reise, die Franz Joseph, der auch den Titel "König von Jerusalem" trug, je unternahm. Eine Aufnahme, die der englische Photograph James McDonald am 12. November 1869 zwischen 11 und 12 Uhr 30 an der Quelle des Propheten Elisäus bei Jericho "mit der Bewilligung, Se. Majestät und die Suite aufnehmen zu dürfen", machte, zeigt den Kaiser etwas fremd anmutend mit Hut, Stiefeln und Sakko unter einem vom Halbmond gekrönten Zelt zwischen Beduinen stehen.

In Jerusalem logierte der Kaiser im Hospiz und besuchte als wahrer Pilger die heiligen Stätten. Nach einer Abschiedsmesse zog er huldvoll nach allen Seiten grüßend durch das Damaskustor aus. "Der ehrwürdige Oberrabbiner mit seinem bis zum Gürtel wallenden Barte sprach ebenso warm über den Kaiser den Abschiedssegen, als er beredt die Begrüssung in hebräischer Sprache vorgetragen hatte", vermerkte Dudik. Unter dem Schutz des Himmels stand der pflichtbewusste Herrscher, der zur Eröffnung des Suez-Kanals pünktlich eintreffen wollte, und der Einschiffung bei schwerstem Seegang zustimmte, am Ende der Pilgerreise: "Kaum aus der Brandung in offene See gelangt, thürmten sich die Wellen, und die leichte Barke, welcher das Leben unseres geliebten Kaisers anvertraut war, schwebte bald auf der Höhe eines solchen Wasserberges, bald verschwand sie in der Tiefe. Männer, ergraut in Gefahren, wandten, als sie einmal die Barke von den Wellen zurückgeschlagen sahen, voll Entsetzen ihren Blick von jener Stelle hinweg, auf welcher sie schon das Grab des erlauchten Reisenden und das seiner treuen Begleiter zu erblicken sich fürchteten." Melodramatisch stellte Ludwig v. Rubelli auf einem Bild des Kaisers "gefahrvolle Einschiffung v. Jaffa" dar, viele Zeitungen berichteten vom Vorfall. "...die Fahrt von Jaffa an, war sehr bewegt und ich habe Gestern Abend und Heute früh gespieen", vermerkt der Kaiser in einem seiner zahlreichen Briefe an Gattin Elisabeth.

Bereits das Wasser, mit dem Franz Joseph getauft wurde, kam aus dem Jordan. Major Anton Prokesch, von Metternich entsandt, hatte es von einer seiner Palästina-Reisen mitgebracht. Erzherzog Karl Ludwig, der Bruder des Kaisers, hatte mit dem Jordanwasser weniger Glück: bei seiner Pilgerreise im Jahr 1896 trank er es in frommem Eifer, zog sich den Typhus zu und starb in der Heimat an den Folgen der Krankheit.

1840 belagerte eine anglo-österreichische Flotte Akko, Erzherzog Friedrich erstürmte die Zitadelle und ließ die britische, ottomanische und österreichische Flagge hissen. Am 24. Februar 1846 trat Metternich mit der "dringenden Notwendigkeit eines österreichischen Konsulates in Jerusalem" an Kaiser Ferdinand I. heran. Von 1849 bis 1917 hatte das K. und K.- Reich ein Konsulat in der heiligen Stadt. Ursprünglich zum Schutz der Interessen der katholischen Kirche gedacht, stellte Konsul Joseph von Pizzimano bald fest, dass die Realität anders aussah: "Fast alle in Palästina ansässigen Österreicher sind Israeliten, welche entweder selbst oder deren Eltern aus ihrem Vaterlande, bestimmt von religiösen Gefühlen, hieher übersiedelt sind, um auf dem heiligen Boden zu leben und zu sterben, ihr Vaterland für ewig verlassend. Hier fristen sie ihr Dasein mühselig von Almosen oder aber von dem spärlichen Verdienste ihrer Hände, eine ewig wandernde Bevölkerung.

Unter seiner Schutzherrschaft und dank der finanziellen Mittel des Baron Rothschild, der auch nicht vergaß, an bedürftige Christen und Armenier zu spenden, verbesserte sich die Situation der Juden: Das erste jüdische Hospital wurde errichtet, Schulen entstanden. 1865 wurde das Österreichische Hospiz eingeweiht, Franziskanerpatres strömten zur Mission nach Jerusalem. Zum Kaiser-und Papstjubiläum 1898 wagten 500 Pilger aus Tirol und Vorarlberg die erste Massenwallfahrt ins Heilige Land. Franz Joseph finanzierte die Kuppel der Tiferet-Synagoge, seine Schirmherrschaft bewog die jüdischen Untertanen zu überschwenglichen Dankeskundgebungen: Liebevoll auf Pergament gemalt, mit orientalischen Sujets versehen, trafen Huldigungsschreiben aus Israel in kunstvollen Holzbehältern in Wien ein. Diese zählen zu den schönsten Stücken der Ausstellung, die ein kaum dokumentiertes Stück Monarchiegeschichte dem Vergessen entreißt.

Bis 2. September

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