Zeitzeugen: Wenn eine Zeit zu Ende geht
Die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ im Haus der Geschichte Österreich widmet sich der Frage, wie nach dem Tod der letzten Zeitzeugen der Schoa mit der Vergangenheit und ihrem Erbe umgegangen werden soll.
Die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ im Haus der Geschichte Österreich widmet sich der Frage, wie nach dem Tod der letzten Zeitzeugen der Schoa mit der Vergangenheit und ihrem Erbe umgegangen werden soll.
Von den sechs Überlebenden der Schoa, die 2013/14 als „Die letzten Zeugen“ dieses Menschheitsverbrechens auf die Bühne des Burgtheaters gerufen wurden, lebt heute nur noch eine: Lucia Heilman. Sie überlebte den Krieg als sogenanntes „U-Boot“ in Wien, von einem Freund ihres Vaters versteckt. Inzwischen 93 Jahre alt, gibt Lucia Heilman noch immer Interviews wie kürzlich dem Internetmagazin buzzfeed aus Anlass des 27. Jänner. Sie erzählt ihre Geschichte und spricht „über diese schreckliche Zeit“, auch wenn sie nach eigenem Bekunden „schon keine Kraft mehr“ hat. „Aber ich nehme mich zusammen und tue alles, um meinen Beitrag zu leisten.“
Wie wichtig der Beitrag ist, den Lucia Heilman und andere Zeuginnen und Zeugen des Holocaust leisten, zeigt die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“. Vom Jüdischen Museum Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg erarbeitet, ist sie nun im Haus der Geschichte Österreich in der Wiener Neuen Burg zu sehen.
Tausende Interviewstunden
Gestützt vor allem auf audiovisuelle Dokumente, auf Ton- und Filmaufnahmen, erzählt die Ausstellung, wie aus ersten Augenzeugenberichten von Schoa-Überlebenden mit der Zeit die öffentliche Figur des „Zeitzeugen“ entstand. Sie reflektiert, welche Rolle die Menschen, die diese Figur verkörpern, für die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen spielen. Und sie fragt, wer ihre Rolle in Zukunft übernehmen wird. Denn was eine Beteiligte am „Holocaust Survivors Film Project“, das die Yale University Ende der 1970er Jahre startete, seinerzeit prophezeite: „Even survivors don’t survive forever“, hat sich inzwischen weitgehend erfüllt. Ein Menschenalter nach dem Zweiten Weltkrieg geht die Zeit der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Ende.
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