7108735-1995_42_17.jpg
Digital In Arbeit

Zuerst Klümpchen aus Gold

Werbung
Werbung
Werbung

Sammler”, gestand der alte Geheimrat Goethe, „sind glückliche Menschen.” Egal, was sie sammeln: Gemälde oder Bierdeckel, Antiquitäten oder zeitgenössische Kunst, Porzellan oder Briefmarken - fast nie ist es die Kapitalanlage, die den Besitzer einer Sammlung glücklich macht, sondern die Beschäftigung mit den Objekten. Auch Münzsammlern geht es so. Für sie ist das Metallgeld mehr als ein Zahlungsmittel. Mehr als der Wertmesser im Güteraustausch der Menschheit. Münzen sind Kleinkunstwerke, an deren Schönheit und Seltenheit man sich erfreut.

Francesco Petrarca (1304-1374), Dichter und Historiker, gilt als der erste große Münzensammler und war als Kenner angesehen. Im Jahre 1354 traf er in Mantua mit Kaiser Karl IV. (1347-1378) zusammen und übergab dem Luxemburger einige römische Gold- und Silbermünzen, was den Gründer der Prager „Karlsuniversität” zum Liebhaber des im 7. Jahrhundert v. Chr. im kleinasiatisch-ionischen Baum „erfundenen” Zahlungsmittels machte. Auch der stets in Geldschwierigkeiten steckende Kaiser Maximilian (1459-1519) schätzte Münzen sehr.

Eine der bedeutendsten Sammlungen der Zeit, nämlich 1.567 Münzen, besaß Kaiser Ferdinand I. (1556-1564). Sein Sohn, Erzherzog Ferdi-

Das Münzkabinett im Kunsthistorischen Museum ist mit 500.000 Objekten eine der bestbestückten Sammlungen der Welt. nand von Tirol, besaß ebenfalls eine beachtliche Münzsammlung. Seine Münzschränke befinden sich nach wie vor im Innsbrucker Schloß Ambras beziehungsweise im Münzkabinett des Wiener Kunsthistorischen Museums.

Kaiser Karl VI. (1711-1740) war von Jugend an ein großer Freund von Münzen und Medaillen. Karls Schwiegersohn Franz Stephan von Lothringen (Kaiser Franz I., 1745-1765) liebte Münzen und Medaillen so sehr, daß er sich auf einer Medaille bei der Betrachtung von Münzen porträtieren ließ. Aus dem 19. Jahrhundert kennt man eine Beihe leidenschaftlicher Sammler. Einer von ihnen war Goethe.

Laut Gerhard Herinek, Wiener Münzhändler und Mitglied des Internationalen Fälschungsbekämpfungs-instituts (I.B.S.C.C.), gibt es in Österreich rund 20.000 Münzsammler. Hervorragende Sammlungen haben die Stifte Göttweig, Herzogenburg, St. Florian und Kremsmünster. Das Münzkabinett im Kunsthistorischen

Museum zählt mit etwa 500.000 Objekten nach dem British Museum, London, und dem Louvre, Paris, zu den bestbestückten musealen Münzsammlungen der Welt.

Entwickelt hat sich die Münze aus den Metallbarren. Danach kamen nach einem bestimmten Gewichtssystem gestaffelte Klümpchen aus Gold oder Elektron, einer Gold-Silberlegierung, auf. Der letzte Lyderkönig, Kro-isos (lateinisch Kroesus, 561-546 v. Chr.), brachte als erster reine Gold- und Silbermünzen (Stater heraus, die auf der Vorderseite das Wappentier der Lyder-könige trugen: den Löwen. Flächendeckend hat sich dieses Währungssystem allerdings erst un ter Alexander dem Großen (336-323 v. Chr.) durchsetzen können.

Hat man aufgrund der natürlichen Vorkommen in Kleinasien zuerst Elektron und Gold verwendet, so hat sich Griechenland des Silbers, Rom hingegen zunächst des Kupfers in Form von Barren bedient. Durch ihre Beziehungen zu den griechischen Städten in Unteritalien um 280 v. Chr. mußten schließlich auch die Römer Silbergeld herstellen. Im Raum des heutigen Österreichs trat Metallgeld in Gestalt von bronzenen Sicheln, Heilen, Ringen und Barren in der Bronzezeit auf. In keltischer Zeit (um 70. v. Chr.) prägten die Noriker in ihrem Zentrum auf dem Magdalensberg eigene Tetradrachmen. Ihr Ende besiegelte die römische Okkupation um 15 v. Chr. Wie zahlreiche Funde bezeugen, strömte mit den römischen Truppen und dem Aufblühen des Handels römisches Münzgeld in unser Land. Die früheste Münzprägung auf heutigem österreichischen Staatsgebiet fand in Salzburg im 10. Jahrhundert statt. Der Babenberger Markgraf Leopold III. begann vor 1130 in Krems mit der Münzprägung. Nach seiner Bückkehr aus dem Heiligen Land verlagerte Herzog Leopold V. in den Jahren 1193/94 die Münzstätte von Krems nach Wien, womit die Geschichte des Wiener Pfennigs begann.

Karl VI. gründete zur Hebung des künstlerischen Niveaus im Münzstempelschnitt beim Münzamt Wien eine Gravurakademie und ließ neben dem Gold- (Gulden) und Silbergeld (Kronen, Kreuzer) erstmals in den Erbländern Kupfermünzen (Heller) auflegen. Unter Maria Theresia wurde der Kreuzer als Kupfermünze ausgegeben. Der Taler - ab dem Todesjahr von Kaiser Franz I. (1765) mit dem Porträt der Witwenschleier tragenden Maria Theresia versehen -blieb in seiner Form von 1780 bis ins 20. Jahrhundert in der Levante ein begehrtes Zahlungsmittel.

Unter Franz Joseph prägte man Goldstücke zu acht Gulden und vier Gulden. Als Folge des Vergleichs mit Ungarn wurden in Ungarn eigene Münzstätten eingerichtet, die Münzen in ungarischer Inschrift auflegten.

Nach dem Ersten Weltkrieg endete das Währungssystem der Doppel-Monarchie im Chaos. In Österreich gelang 1922 eine Stabilisierung, der Inflation. 1924 wurde der Silberschilling eingeführt. Die Tausend-Kronen-stücke wurden zu zehn Groschen. 1926 begann man mit der Ausgabe von Goldmünzen zu 100 und 25 Schilling, 1928 mit der Doppelschilling-Gedenkserie. Von 1938 bis 1945 galt in Österreich die deutsche Mark-Währung. Mit 21. Dezember 1945 wurde die Schillingwährung wiedereingeführt. Die Ausgabe von 25-Schil-ling-Münzen in Silber im Jahr 1955 bildete den Beginn einer langen, bis heute dauernden Gedenkserie.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung