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Zweite „Viennale“

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Erstmals schienen heuer im Programm der Wiener Festwochen gleich zwei repräsentative Filmveranstaltungen auf. An ihrem Beginn stand die „V. Filmwissenschaftliche Woche“, an ihrem Ende die eben abgeschlossene zweite „Viennale“. Das Wort „Viennale“ wurde von Bürgermeister Jonas geprägt, als der „Verband der österreichischen Filmjournalisten“ im Februar 1960 erstmal daranging, eine Filmwoche mit interessanten Produktionen des Vorjahres aufzuziehen. Der in jeder Hinsicht durchschlagende Erfolg der damaligen Veranstaltung vereinte nunmehr die Filmjournalisten mit dem Kulturamt der Stadt Wien zu einer Filmwoche durchaus offiziellen Charakters.

Leider konnten die Veranstalter diesmal nicht so aus dem vollen schöpfen wie bei ihrer ersten Festwoche. Bei der Filmbeschaffung zeigte sich, daß iie Kulturmissionen der östlichen Staaten an einer Darbietung ihrer filmischen Erzeugnisse weit mehr interessiert waren als die westlichen Produzenten oder deren österreichische Verleiher. So überwogen auf dem Kurzfilmsektor die Beiträge der kommunistischen Satellitenstaaten.

Ein zweites Charakteristikum der Viennale war der stark dokumentarische Akzent. Gleich drei der abendfüllenden Beiträge waren reine Dokumentarfilme. „D a s Leben von Adolf Hitler“, eine deutsche Produktion, wurde von dem englischen Spezialisten Paul Rötha filmisch so geschickt bewältigt, daß sie Erwin Leiters Standardwerk „Mein Kampf“ kaum nachsteht. Einige linksradikale Töne des Kommentars von Robert Neumann beeinträchtigen den staatspolitischen Erziehungswert nur unwesentlich. Der japanische Film „Die nackte Insel“ verzichtete auf jedes gesprochene Wort, schuf aber mit eindrucksvollen Bildern das packende Drama einer japanischen Bauemfamilie. die dem kargen Boden einer Insel mühselig seine Früchte abringen muß; der Streifen verrät deutlich die Schule von Flahertys Klassiker „Die Männer von Aran“. Der französische Avantgardist Chris Marker ■ vAstfeKf W dem s-sSeT'/feitrag “!j#Vs 2s-rTtfung eTtrt I%>kiu'ffi'F das stärke “Kapital “desT Themas mit künstlich hochgeschraubten Bildern und Worten.

Dieser Vorwurf trifft teilweise auch den in „Welturaufführung“ gezeigten tschechischen Film „Baron Münchhausen“, in dem Kare) Zeman sich zu sehr in die Möglichkeiten von Trick, Farbe und Bewegung verliebt zeigte.

Sogar von den Spielfilmen hatten noch zwei starken dokumentarischen Charakter: sowohl der unter den Indianern Mexikos spielende Streifen „Yanco“ als auch der italienische Beitrag „II Posto“, der durch seine bezwingende Lebensnähe und lebensfrohe Haltung bestach. Den extremen Gegenpol dazu bildete Luis Bunuels blasphemische Sozialkritik in „Viri-d i a n a“.

Auf dem Kurzfilmsektor konme Österreich mit Helmut Pfandlers brillantem „Kaleidoskop — Made in A u s t r i a“ einen schönen Erfolg erringen.

Wenn bei dieser „Viennale“ auch die großen Filmnationen Amerika, England und Frankreich fehlten, so waren doch die Proben einzelner kleiner Filmländer, die wir hier sonst kaum zu sehen bekamen, interessant und aufschlußreich. Sicher war diese „Viennale“ nicht die letzte. Bei einer Wiederholung sollte man aber ein Abgehen von dem allzu sommerlichen und durch kulturelle Veranstaltungen anderer Art überbelasteten Festwochentermin ins Auge fassen und obendrein einer Kollision mit den zwar künstlerisch wenig bedeutsamen, aber in der Fachwelt eingeführten Festivals von San Sebastian und Karlsbad ausweichen.

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): I (Zu empfehlen für alle): „Das- große A ben teuer.“ - II (Für alle): „Heim-weh nach dem Silberwald“, „Amundsen — Die Eroberung des Nord- und Südpols“'. - Ha (Für alle; für Kinder gewisse Vorbehalte): „Burgtheater.“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Die nackte Stadt“, „Der Falke vom Nil“. „Chefarzt Dr. Pears- o n“ •, „S e-renade“, „Die Piraten von Tor-tuga.“ — IV (Für Erwachsene): „Straße zur Ewigkeit“, „Geheimagent S u z u k i“, „R o m — o f f e n e Stadt. — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Der Meistergauner“. „Heißet Hafen Hongkong“. „Das Frühr stück im Grünen“, „Der Mann mit der grünen Nelke“, „Die Tataren“. — IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Teufel um Mitternacht“, „Die kleinen Sünderinnen“, „Haß ohne Gnade'« ..Camp der Verdammten“.— — sehenswert.

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