27_Storeys - © Foto: Polyfilm

„27 Storeys – Alterlaa Forever“: Geschichten vom Glück

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Bianca Geissingers Dokumentarfilm „27 Storeys – Alterlaa Forever“ porträtiert weit mehr als eine Wohnanlage.

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Bianca Geissingers Dokumentarfilm „27 Storeys – Alterlaa Forever“ porträtiert weit mehr als eine Wohnanlage.

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Das Glück trug Architekt Harry Glück schon im Namen, es war auch der Anspruch, den er an seine Architektur stellte. Sie sollte „das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an Menschen“ schaffen. Am stärksten vermittelte diese Utopie der Wohnpark Alterlaa. Drei Baublöcke, 27 Stockwerke, 250.000 Quadratmeter, rund 10.000 Menschen. Laut einer Studie sind 98 Prozent von ihnen glücklich, nirgends ist die Wohnzufriedenheit höher. Und das, obwohl Alterlaa ein großvolumiger Massenwohnbau der 1970er und 1980er Jahre ist. Ein denkbar unpopulärer Bautyp. Doch Alterlaa ist „wie ein Dorf“, kein soziales Getto. Hier gibt es Pools am Dach, ein kleines Hallenbad, Tennisplätze, hier wohnte man Tür an Tür mit Stars. Regisseurin Bianca Gleissinger ist dort in einer westseitigen Maisonettewohnung im Block C auf Stiege drei im ersten Stock auf Tür Nummer fünf aufgewachsen, bis zu ihrem siebten Lebensjahr dachte sie, Alterlaa sei Wien. Sie muss glücklich gewesen sein, weil sie bei ihrem Auszug „weinend die Dunstabzugshaube umarmte“. Nun macht sie sich mit der Kamera am Ort ihrer Kindheit auf die Spurensuche nach dem Glück und dringt dabei mit wachem, aufmerksamem Blick behutsam immer tiefer in die Anlage und die individuellen Lebensgeschichten ihrer Bewohnerschaft ein. Vom riesigen Park, durch das Vordach zum Portier, an langen Gängen mit abgehängten Decken in unterschiedliche Wohnungen mit riesigen Terrassen, mit jeder Türe öffnet sich ein eigener Mikrokosmos. Als besonders ergiebig erweist sich dabei gleichermaßen der dunkle Maschinenraum im Inneren der großen Baukörper, wo die vielen Clubräume liegen. Die Modellbauwerkstatt mit ihren unzähligen Flugzeugen, das liebevoll bestückte und gepflegte Freddy-Quinn Archiv. Gegen Ende kommt der Film seinen Protagonist(inn)en auf sehr respektvolle Weise immer näher. Es geht um Risse im Traum vom Glück. Die Scheidung der Eltern, die zum Auszug der Regisseurin aus Alterlaa führte, oder die Scheidung, die eine über 50-jährige Grazerin nach Alterlaa brachte. Und damit zum Gemeinschaftsgarten, den Stefan, ein etwas jüngerer Bewohner, nun initiiert hat. Ebenso wie den vegetarischen Kochclub. Das Leben geht weiter. Ein wunderbarer Film.

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