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Abenteurerin mit Herz

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Eine Frau, ein Mythos, ein „Flintenweib": Martha Jane Can-nary, genannt Calamity Jane, was so viel bedeutet wie Unglücksoder Katastrophen-Jane, war eine schillernde Figur des Wilden Westens, die Neid, Bewunderung und Klatsch hervorrief. Sie war Scout und Krankenpflegerin, fuhr Postkutschen, kämpfte an der Seite von Cap-tain Egan (dem sie angeblich ihren Namen verdankt, weil sie ihm in einem Hinterhalt zuhilfe kam) gegen die Indianer und hatte sich ihr Leben lang gegen die ihr übel gesinnten braven Bürger zu wehren. Eine Frau in Hosen, die Männer beim Wettschießen besiegte und dem Alkohol nicht abgeneigt war, konnte im Amerika des späten 19. Jahrhunderts nicht leicht akzeptiert werden.

Ihre große Liebe war Wild Bill Hickok, ein legendärer Bevolverheld, Dandy, Verführer und Spieler, der sich viele Freunde und Feinde machte und 1876 ermordet wurde. Aus dieser (angeblichen) Ehe stammte die Tochter Janey, die bei Adoptiveltern aufwuchs, nachdem Wild Bill Frau und Kind verlassen und eine Zirkusbesitzerin geheiratet hatte, die er allerdings auch bald verließ.

Wahrscheinlich hat Calamity Jane auch an Buffalo Bills „Wild West Show" mitgewirkt, sicher aber ist sie in Minneapolis und in Buffalo im Staat New York aufgetreten, verkaufte ihre Autobiographie an Touristen und sich selbst als Schaufigur, um et-

was Geld zu verdienen

Nun sind ihre „Briefe an meine Tochter", die sie während 25 Jahren schrieb, wieder eischienen. Sie erzählen von einem unsteten Leben, der Sehnsucht nach Wild Bill und Janey, die sie zwar hin und wieder bei ihrem Adoptivvater sehen konnte, der sie sich aber zu Lebzeiten nie als Mutter zu erkennen gab.

Von „Daddy Jim" regelmäßig informiert, nimmt sie aber von weitem regen Anteil an Janeys Leben, erzählt ihr von Freunden und Feinden, Leuten, die Janey eines Tages aufsuchen sollte und solchen, die sie zu meiden hätte. Sie berichtet von angenommenen Kindern, für die sie sorgte und deren Ausbildung sie mit Pokergewinnen finanzierte. Stolz erzählt sie auch von ihren Kochkünsten - und legt sogar Bezepte bei.

Immer wieder betont Calamity Jane - seit kurzem erst des Lesens und Schreibens mächtig - ihre Unsicherheit im Umgang mit der Sprache, doch zeichnen sich die Briefe durch einen erstaunlich flüssigen Stil aus und stellen ein teils rührendes, teils witziges, jedenfalls interessantes Zeitdokument dar.

Die vorliegende Ausgabe enthält auch die Autobiographie „Leben und Abenteuer der Calamity Jane, von ihr selbst erzählt" sowie Abbildungen, Anmerkungen und Erklärungen.

Wm BRIEFE AN MEINE TOCHTER

Ljfl| Von Calamity Jane.

Übersetzung: Elisabeth Kiderlen. JHH, Unionsverlag, Zürich 1996. mm m Seiten, Fotos, Tb., öS 110,-

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