Auf der Suche nach Ingmar Bergman

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Am 14. Juli wäre Ingmar Bergman 100 Jahre alt geworden. Der schwedische Ausnahmeregisseur hat wie kein zweiter den Aufstieg des europäischen Autorenkinos verkörpert, seine Filme erwiesen sich als stilbildend, innovativ und wegweisend - bis zuletzt. Wenig bekannt ist etwa, dass Bergmann mit "Sarabande" als 85-Jähriger seinen ersten digital gefilmten Film drehte und es ihm in dieser losen Fortsetzung seines Meisterwerks "Szenen einer Ehe" (1973) gelang, seine cineastische Meisterschaft auch ins neue Filmzeitalter zu retten.

Elf Jahre ist es her, dass Bergman auf seinem Alterssitz, der schwedischen Ostseeinsel Fårö bei Gotland, verstarb. Vergessen ist der Altvordere aber beileibe nicht, wie Margarethe von Trottas formidabler Dokumentarfilm "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" genial zu vermitteln weiß.

Trotta, mittlerweile ja selber die Doyenne des deutschsprachigen Autorinnenfilms, hat Bergman als 18-Jährige entdeckt, als sie in Paris studierte und dort zum ersten Mal "Das siebente Siegel" sah. Mit der berühmten Anfangsszene dieses Bergman-Films aller Bergman-Filme beginnt auch Trottas Zugang: Wie Max von Sydow (der später der Bergman-Schauspieler werden sollte) als zurückgekehrter Kreuzfahrer am Ostseestrand aufwacht und dort dem Tod begegnet, mit dem er einen Pakt schließen wird, ist zu einer wegweisenden Ikonografie geworden, Margarethe von Trotta sitzt an diesem Ufer heute und interpretiert bzw. erklärt die bekannteste Einstellung Bergmans.

Trotta, die sich in ihrer Ästehtik doch einigermaßen von Bergman entfernt hat, sieht in ihm dennoch ein Vorbild -und hat eine besondere Beziehung zu ihm: Als Bergman beim Göteborg Film Festival 1994 gefragt wurde, welches "seine" Filme wären, nannte er elf Titel, darunter einen Stummfilm seines filmästhetischen Ziehvaters Victor Sjöström, daneben filmische Großtaten wie Federico Fellinis "La Strada", Billy Wilders "Sunset Boulevard", Andrej Tarkowskis "Andrej Rubljow" oder Akira Kurosawas "Rashomon".

Trottas "Bleierne Zeit" als "Bergman-Film"

Als jüngstes und einziges Werk einer Frau stand Margarethe von Trottas Filmbiografie der Ensslin-Schwestern "Die bleierne Zeit" aus dem Jahr 1981 auf der Bergman-Filmliste. Diese Verbindungen zwischen Filmemacherin und Filmemacher mögen den äußeren Rahmen bilden. Trotta gelingt es, in ihrer Spurensuche ein weites Feld aufzuspannen, was nicht zuletzt an der großen Schar prominenter und verwandter Zeugen für Bergmans Schaffen liegt. Liv Ullmann, Schauspielerin und zeitweilige Bergman-Partnerin, kommt ebenso zu Wort wie die Bergman-Söhne Daniel und Ingmar Junior, auch Ullmann-Enkel und Filmemacher Halfdan Ullman Tøndel erzählt darüber, was er beim Anschauen von "Pearl Harbor" mit dem Großvater gelernt hat.

Daneben befragt und diskutiert Trotta mit Kollegen der französischen Drehbuch-Legende Jean-Claude Carrière und dem spanischen Regie-Meister Carlos Saura. Und an den Wortspenden der Nachgeborenen - etwa die französischen Filmemacher Olivier Assayas und Mia Hansen-Løve sowie der aktuelle schwedische Regie-Star Ruben Östlund ("The Square", 2017) - kann man mehr als erahnen, wie sehr Bergmans Spuren auch heute noch zu finden sind.

Dass der große Schwede des Kinos aber selber eine gebrochene Existenz war, der von der gewalttätigen Erziehung in einer Pastorenfamilie bis zu Angstzuständen und dämonischen Heimsuchungen lebenslang geprägt blieb, spart Margarethe von Trotta natürlich nicht aus. Man kann ja das Bergman'sche Œuvre gar nicht verstehen ohne diese dunklen Mächte in des Filmemachers Leben. Trotta gelingt aber auch, fast schon beiläufig, das immense Werk Bergmans zu nennen und anzusprechen -auch das macht ihren Film zu einer grandiosen Schau auf Ingmar Bergman.

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