Aus einem gar nicht mehr gelobten Land

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Denn der King ist eigentlich nur das Vehikel, um eine Bestandsaufnahme in God's own Country zu machen.

'Elvis-Hommage' ist eine formidable Untertreibung für das Roadmovie, das der amerikanische Dokumentarfilmer Eugene Jarecki vorlegt.

Am 16. August 2017 jährte sich der Todestag des King zum 40. Mal. Keine Frage, dass dies Anlass für eine filmische Hommage an Elvis Presley sein kann. Und Eugene Jareckis "The King -Mit Elvis durch Amerika" kommt nur scheinbar hierzulande ein Jahr zu spät ins Kino. Tatsächlich ist es nämlich zur rechten Zeit. Außerdem ist "Elvis-Hommage" eine formidable Untertreibung für das Roadmovie, das der amerikanische Dokumentarfilmer Eugene Jarecki vorlegt.

Eigentlich könnte der Originaltitel -"Promised Land" (= Gelobtes Land) schon auf die Spur bringen - denn der King ist eigentlich nur das Vehikel, um eine Bestandsaufnahme in God's own Country zu machen, wobei am Ende herauskommt, dass dieses Land eher von Gott verlassen als gelobt erscheint. Gedreht hat Jarecki seinen Film nämlich im Präsidentschaftswahlkampf 2016, als die Verwerfungen landauf landab längst zu sehen waren, aber dennoch niemand einen Groschen für Donald Trumps Sieg gegeben hätte. Hollywood-Star Alec Baldwin, der schon damals mit den mittlerweile legendären Trump-Parodien unterwegs war, konnte da noch in die Kamera feixen: Nie und nimmer würde ein Trump die Wahl gewinnen.

Doch -wie wir mittlerweile wissen -halten sich die Zeitläufte nicht an die rational unterfütterten Prognosen, und so muss man mit dem Elend, das der derzeitige Präsident nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt bedeutet, leben.

Im Rolls-Royce durch die USA

Mit Elvis Presleys Rolls-Royce, Baujahr 1963, fährt Jarecki durch die Lande, lässt Stars, Weggefährten wie Antipoden und sonstige Wortspender mitfahren. Das Amerika des 21. Jahrhunderts ist aber ein ganz anderes als das der 1950er, 1960er und 1970er Jahre, in denen Elvis groß wurde, und das er auf seine Weise prägte.

Formal hält sich Jarecki, was die Geschichte von und um Elvis Presley betrifft, an die Chronologie -er beginnt in der Kindheit des 1935 in Tupelo, Mississippi, Geborenen und endet mit dem tragischen Tod des Tabelettensüchtigen in Memphis, Tennessee, 42 Jahre später.

Dazwischen liegt die unbekümmerte Symbiose von weißer Country- und schwarzer Rhythm-and-Blues-Musik, mit der Elvis in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre unter dem Label Rock'n'Roll Furore machte. Jarecki lässt den Rolls-Royce durch schwarze Armenviertel von Tupelo fahren, wo die Presleys in eines der wenigen Häuser für Weiße ziehen mussten, weil sie sich so verschuldet hatten. Im Amerika der Rassentrennung wurden aus den verarmten Weißen quasi Schwarze, vielleicht erklärt das auch die Verbindung zwischen den Musikwelten der beiden, die Elvis gelang.

Dennoch war der Rock'n'Roll "weiße" Musik, auch wenn einer der -schwarzen -Gesprächspartner Jareckis kein gutes Haar an der Originalität des King lässt: Er habe den Schwarzen die Musik gestohlen, so dessen lapidare, wiederholt geäußerte Apodiktik.

Elvis Presley setzte seine Popularität aber nie politisch ein- er ging als braver GI bekanntlich nach Deutschland ("Muss i denn, muss i denn" ) und schloss sich der Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings nicht an, obwohl er -musikalisch -eigentlich dafür prädestiniert gewesen war.

Dafür kehrte er tablettensüchtig 1960 aus Deutschland zurück, verdingte sich dann für beinahe zehn Jahre als -miserabler -Filmschauspieler, bis er dann als aufgedunsener, aber weiterhin populärer Live-Sänger vor allem in der Stadt des amerikanischen Traums, Las Vegas also, quasi als Verkörperung eines sich überlebt habenden Amerikas reüssierte: All diese Facetten treten im exzeptionellen Dokumentarfilm zu Tage - und lassen letztlich erahnen, warum der politische Outlaw Donald Trump letztlich ans Ruder kam.

Außer den Promis -neben Alec Baldwin nehmen etwa die Spätgeborenen Ethan Hawke und Ashton Kutcher oder Emmylou Harris sowie Rapper Chuck D. im Rolls-Royce Platz -, kommen auch viele "kleine" Leute zu Wort, die in irgendeiner Form mit Elvis in Berührung waren oder etwas zu ihm zu sagen haben.

Historisch-aktuelles Sittenbild

Dass das "Promised Land" längst kein Gelobtes Land mehr ist, verbindet das persönlich tragische Schicksal des Elvis Presley mit den USA von heute. Eugene Jarecki mag hin und wieder das Metaphorische an Presley stark strapaziert haben, um der Grundthese seines Films, die verdorrten Landschaften der heutigen USA mit dem Leben des Kings gegenzuschneiden, Genüge zu tun.

Aber das ist bestenfalls ein Haar in der Suppe. Denn der von Steven Soderbergh produzierte Film "The King -Mit Elvis durch Amerika" erweist sich als ebenso historisches wie aktuelles Sittenbild. Und dass die Befürchtungen eines Trump-Siegs bei der Wahl 2016 Wirklichkeit werden sollten und explizit geäußerte Meinungen, dieser Kandidat könne nie und nimmer gewinnen, Lügen gestraft wurden, fügt sich in ein Tableau, in dem zwar die Versprechungen des American Way of Life nicht verschwunden sind. In denen aber die windigen Taten des derzeitigen Präsidenten längst alles Mögliche in Frage stellen, was diesen Way of Life ausmacht.

Was der nunmehr seit 41 Jahren tote King dazu zu bemerken gehabt hätte?

The King - Mit Elvis durch Amerika (Promised Land) USA/D/F 2018. Regie: Eugene Jarecki. Mit Alec Baldwin, Ethab Hawke, Emmylou Harris. Polyfilm. 109 Min.

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