Blick nach vorn ohne Zorn

Wer erläutern will, wie umfassend Medienpolitik versagt, findet ein Musterbeispiel in der Geschichte des Privatradios. Seine Legalisierung entsprang einer Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verstoßes gegen die freie Meinungsäußerung 1993.

Nach dem Start von Antenne Steiermark und Radio Melody 1995 verzögerte eine Gesetzesreparatur bis 1998 flächendeckende Konkurrenz für den ORF. Verlage durften sich nur mit einmal 26 und zweimal zehn Prozent an Sendern beteiligen. Also kooperierten sie per Gesellschafterverschränkung. Und Ö3 bildete prompt mit den Radios von Krone und Kurier eine Vermarktungsallianz. Demokratie-,wirtschafts-und medienpolitisch war das insgesamt ein schlechter Witz, der viele Beteiligte viel Geld gekostet hat.

Wenn nun die Familie Fellner die zweite bundesweite Privatradiolizenz bekommt, schließt sich ein Kreis. Die heutigen Eigentümer der Mediengruppe um oe24/Österreich bauten einst gerade den Verlag um News auf und wollten mit der Antenne Wien eine nationale Kooperation gleichnamiger regionaler Anbieter anführen.

Das alles ist mittlerweile Makulatur. Kronehit, das zur Hälfte dem Kurier gehört, ist der einzige national ausstrahlende Sender neben den ORF-Programmen. Seine Marktanteile liegen mit 8 zu 34 Prozent weit hinter Ö3. Die Antenne in der Steiermark und Kärnten gehört der Styria, jene in Vorarlberg Russmedia und in Salzburg -das ehemalige Radio Melody - den Fellners.

Wenn nun ein Radio oe24 oder Radio Österreich gegen Kronehit antritt, ist das bloß die Ausweitung des Spielfelds am Boulevard. Während in den Bundesländern die Regionalradios auch im Nachrichtensektor wirkliche Mitbewerber des ORF sind, hat sich national kein Informationssender etabliert. Es gibt keine Hörfunk-Konkurrenz zu Ö1. Seine größte Herausforderung liegt im neuen Wettbewerb der Podcasts.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst