Lehrerzimmer - © Foto: Alamode

„Das Lehrerzimmer“ – Dienst nach Vorschrift ist immer noch das Beste

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Der Autor Michael Krassnitzer über den Film „Das Lehrerzimmer“ von Regisseur Ilker Çatak.

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Der Autor Michael Krassnitzer über den Film „Das Lehrerzimmer“ von Regisseur Ilker Çatak.

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Wie wichtig doch Zivilcourage sei, heißt es immer wieder. Welches Unheil aber jemandem widerfahren kann, der nicht wegschaut und in Eigeninitiative gegen ein Übel vorgeht, erzählt der neue Film des deutschen Regisseurs Ilker Çatak. Carla Nowak (Leonie Benesch) ist eine junge, idealistische Lehrerin an einem Gymnasium, das von einer Diebstahlswelle heimgesucht wird. Empört darüber, dass ein Schüler mit Migrationshintergrund der Taten bezichtigt wird, macht sie sich auf eigene Faust auf die Suche, indem sie mit ihrem Laptop heimlich im Lehrerzimmer filmt. Als die diebische Schulsekretärin in die Falle tappt, markiert dies den Beginn einer zunehmenden Eskalation. Denn der Sohn der leugnenden Übeltäterin sitzt ausgerechnet in Frau Nowaks Klasse und die Mitschüler beginnen sich ihren eigenen Reim auf die Sache zu machen. Außerdem beginnen die Mühlen eines Schulsystems zu mahlen, das sich nicht mehr um Schüler, sondern um Rechtsvorschriften zu drehen scheint. Und unerlaubtes Filmen, auch wenn es ein Verbrechen an den Tag bringt, wiegt heutzutage nun einmal ebenso schwer wie das Verbrechen selbst. Und schließlich brechen die Widersprüche und Selbsttäuschungen von Frau Nowaks eigener Weltanschauung auf. Obwohl ihr seitens einiger Schüler Bosheit, Verleumdung und sogar Gewalt entgegenschlagen, nimmt sie diese gegenüber ihren Lehrerkollegen in Schutz und gerät damit zwischen alle Fronten. Sie selbst versucht sich an ihre hohen moralischen Ansprüche zu halten – nur dumm, wenn sich das Gegenüber in keiner Weise an solche Regeln gebunden fühlt. Die beklemmende Tragödie, die fast ausschließlich im Schulgebäude spielt, glänzt mit herausragenden Darstellern und aufwühlender Filmmusik (Marvin Miller). Das Resümee, das man nach der Sicht dieses hochkomplexen Filmes in Hinblick auf das eigene Handeln im Berufsleben ziehen muss: am besten, man macht Dienst nach Vorschrift und tut als ob nichts gewesen wäre, wenn man eines Missstandes gewahr wird. Desillusionierend.

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