Diese arrogante Oberschicht

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Kristina Grozeva und Petar Valchanov zeichnen in "Glory", dessen originaler Titel "Slava" sich nicht auf Ruhm und Ehre, sondern auf die renommierte sozialistische Uhrenmarke bezieht, ein bitteres Bild gesellschaftlicher Missstände im heutigen Bulgarien. Vor Überzeichnung schreckt das Regie-Duo dabei nicht zurück, wenn es einer PR-Chefin (Margita Gosheva) des Verkehrsministers einen einfachen und dazu noch stotternden Gleisarbeiter gegenüberstellt.

Dass die Karrierefrau zudem noch ein Kind will, bei den Gesprächen mit dem Gynäkologen über die künstliche Befruchtung aber stets durch Handygespräche mit ihrem Büro abgelenkt wird, hätte man zwar weglassen können, doch wie Grozeva/Valchanov dann Schritt für Schritt diese Geschichte weiterentwickeln und die starke Besetzung des Gleisarbeiters mit Stefan Denolyubov nehmen doch für diese bissige Satire ein.

Grundehrlich ist dieser Tsanko Petrov, der in einer armseligen Hütte allein mit seinen Kaninchen lebt. Obwohl er sich mit seinen 350 Lewa pro Monat mehr schlecht als recht durchschlägt, gibt er die zahllosen Geldscheine, die er bei seiner Arbeit auf dem Bahngleis findet, sofort bei seinen Vorgesetzten ab. Für seine Kollegen wird er dadurch zum Trottel, vom Minister aber wird er in medialer Inszenierung geehrt und erhält neben einer Urkunde auch eine neue Uhr. Von seiner Frage nach den ausstehenden letzten Monatsgehältern und dem Hinweis auf Treibstoffdiebstahl bei der Bahn will der Politiker allerdings nichts wissen. Verloren geht bei der Ehrung aber Tsankos alte "Slava"-Uhr, die er von seinem Vater geerbt hat.

Bulgarische Verhältnisse

Diese will er nun zurückbekommen, doch der PR-Chefin geht der hartnäckige Mann bald nur noch auf die Nerven und sie lässt ihn links liegen. Zum gefundenen Fressen wird er dadurch wiederum für einen TV-Journalisten, der Tsanko für seine Zwecke einspannt und ihn vor der Kamera die Missstände anprangern und über das Verschlampen seiner Uhr klagen lässt. Die PR-Chefin hat damit freilich wenig Freude und holt zu Gegenmaßnahmen aus.

Nah an den Figuren bleibt das Regie-Duo, bettet sie aber immer ins Milieu ein und dreht geschickt an der Handlungsschraube. Treffend wird so am Einzelfall die Arroganz der Oberschicht aufgedeckt und nicht nur mit der Korruption abgerechnet, sondern auch mit der Instrumentalisierung des einfachen Bürgers. Diesen verlachen Politiker und Presse im Grunde, benützen ihn aber andererseits gerne, wenn man mit seiner Hilfe die Öffentlichkeit für sich gewinnen kann. Alles wird sich der gutmütige Gleisarbeiter, der bei diesem Ränkespiel zunehmend unter die Räder kommt, aber doch nicht gefallen lassen, einmal wird seine Wut überkochen.

Glory (Slava) BG/GR 2016. Regie: Kristina Grozeva, Petar Valchanov. Mit Margita Gosheva, Stefan Denolyubov, Kitodar Todorov, Ivan Savov. Filmladen. 101 Min.

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