Les Apparences - © Filmladen

Ein Wiener Seitensprung: "Les Apparences"

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Michael Krassnitzer über den Film "Les Apparences – Ein Wiener Seitensprung (Les Apparences)"

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Michael Krassnitzer über den Film "Les Apparences – Ein Wiener Seitensprung (Les Apparences)"

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Die scheinbar perfekte Fassade der Bourgeoisie wird brüchig, Risse tun sich auf, werden immer tiefer, schließlich bricht das gesamte Lügengebäude in sich zusammen: Dieses klassische Motiv des französischen Kinofilms, perfektioniert von Claude Chabrol, überträgt Marc Fitoussi in seinem jüngsten Film in die Gegenwart.

Das aus hiesiger Sicht Besondere an dem Streifen ist, dass „Les Apparences“ in Wien spielt, nämlich in dem geschlossenen Zirkel von Franzosen, die es als Angehörige des Kulturbetriebs in die österreichische Hauptstadt verschlagen hat: Man lässt sich Käse aus der Heimat liefern, schickt seine Kinder auf die französische Privatschule, rümpft das distinguierte Näschen über die Eingeborenen, die in dieser Welt nur Dienstboten sind.

Doch die bourgeoise Selbstgefälligkeit endet für die Bibliothekarin Eve (Karin Viard) jäh, als sie entdeckt, dass ihr Mann Henri (Benjamin Biolay), ein Dirigent, sie mit der Lehrerin des gemeinsamen Kindes betrügt. Die nach außen so biedere Frau beginnt, ihre Nebenbuhlerin mittels Cyber-Mobbing in der Community zu desavouieren. Zugleich macht sie die Bekanntschaft eines scheinbar netten jungen Mannes (Lucas Englander), mit dem sie beinahe die Nacht in einem Hotel verbringt, sich jedoch noch rechtzeitig davonmacht. Doch auch hier trügt der Schein: Der vermeintliche Schöngeist entpuppt sich als unberechenbarer Stalker, der Eve und ihre Familie zu verfolgen beginnt.

Eine explosive Konstellation, die scheinbar unweigerlich in den Abgrund führt. Das ständige Changieren zwischen Sein und Schein überträgt sich auch auf die Ebene des Filmes selbst. Manchmal beobachtet „Les Apparences“ geradezu genüsslich den Absturz einer Frau, der offenbar immer alles in den Schoß gefallen ist, dann wieder versucht er Sympathie für seine Protagonistin zu erwecken. Offen bleibt schließlich auch, ob die augenscheinliche Anklage gegen die bürgerliche Selbstzufriedenheit nicht doch als eine Art Emanzipationsgeschichte gelesen werden könnte.

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