Lindbergh - © Foto: Filmladen

Everybody loves Peter

19451960198020002020

Dokumentarfilm „Peter Lindbergh – Women’s Stories“ nähert sich dem Modefotografen über die Frauen.

19451960198020002020

Dokumentarfilm „Peter Lindbergh – Women’s Stories“ nähert sich dem Modefotografen über die Frauen.

Werbung
Werbung
Werbung

V on ihm wird gesagt, er habe das Geschichtenerzählen in der Modefotografie eingeführt. Mehr noch: Mit seinen ikonischen Aufnahmen der Gruppe um Cindy Crawford, Naomi Campbell und Linda Evangelista war er Wegbereiter der Supermodel-Ära. Im November wird Peter Lindbergh, ein Großer seines Fachs, 75. Der französische Filmemacher Jean-Michel Vecchiet begleitete ihn über die Jahrzehnte immer wieder, mit „Carnet de route“ machte er 2001 schon einmal eine längere Doku über seine Arbeitsweise. Immer wieder frustrierte ihn aber, dass sein Gegenüber tieferen Fragen auswich oder sie mit banalen Erklärungen abtat. Etwa: Warum seien die Stühle des Konzeptkünstlers Josef Kosuth oft in seinen Bildern? – Weil man manchmal sitzen müsse, wenn man arbeite.

Der dokumentarische Essay „Peter Lindbergh – Women’s Stories“ ist Vecchiets Versuch, doch noch zu seinen Antworten zu kommen, indem er den Frauen im Leben des Starfotografen das Wort erteilt. Der Schwester etwa zu Kindheit und Jugend, zum Baby, das im Winter 44/45 vor der Roten Armee aus Polen entkam, wohin die Familie als nationalsozialistische Siedler gegangen war. Blitzhaft mischt der Regisseur Weltkriegsbilder von Flucht und Vertreibung, vom Holocaust unter das Material aus den 1980ern, in dem sich dunkel gekleidete Models an einem Strand zwischen Koffern bewegen. Voran treibt ihn die Frage, was einen Künstler zur Kreativität inspiriert. Kühne Montagen In kühnen Montagen drückt er aus, was er als Antwort identifiziert: Astrid, die erste Ehefrau, spricht von der Proteststimmung im Paris der 1960er – Vecchiet findet sie 2012 in einer Serie wieder. Andernorts eine Sängerin, die das Ave Maria intoniert – was sich tragisch mit dem Traum der früh verstorbenen Mutter verbindet.

„Women’s Stories“ erinnert von der Denkweise her an den Aufsatz, der im Katalog einer großen Werkschau programmatisch durch die Ausstellung weist. Sein Vorteil ist dabei das Medium, mit dem er seine Thesen an Ort und Stelle assoziativ untermauern kann. Ein wichtiges Mittel sind dabei die Kontaktbögen, deren Einzelbilder aneinandergereiht zu Filmen werden. Einerseits zeigen sie Lindbergh als Geschichtenerzähler, andererseits führen sie seine Liebe zur Bewegung mehr vor Augen, als es das Making-of vom Set allein je könnte. Die Details, die sich dabei finden, gehen mehr ins Persönliche, hin zu einem Satz, den Lindbergh in „Carnet de route“ sagte: „Man muss Menschen lieben, um sie zu fotografieren.“ In „Women’s Stories“ nun die Umkehrung: „Everybody loves Peter.“ Der Mann mit dem Fotoapparat erschließt sich aus diesen Vertrauensbeziehungen.

Die wiederum finden sich in Arbeitsprozess und Ergebnissen, und privat am schönsten in der Schnittmenge aus Inspiration und Gegenwart: An Material ohnehin beneidenswert reich, enthält Vecchiets Dokumentarfilm Aufnahmen von einem Fotoshooting am Vulkan Stromboli. Bei seiner Rosselini-Fotografie sitzt Ingrid Bergman abseits. Immer wieder richtet der frisch verliebte Lindbergh die Kamera auf Petra, seine zweite Ehefrau. Die Kreativität des Künstlers nimmt ihren Lauf.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung