Haltungsschäden inklusive

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Die Zahl eigener Korrespondenten gilt global als Kriterium für Medienqualität. Dass Norbert Steger den Salzburger Nachrichten erklärt, ein Drittel der ORF-Korrespondenten zu "streichen, wenn diese sich nicht korrekt verhalten", ist also mehr als eine politische Drohgebärde. Er greift den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Von der FPÖ entsandt, soll der Ex-Vizekanzler den Vorsitz im ORF-Stiftungsrat übernehmen. Dessen Mitglieder haben dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortung wie Aufsichtsräte einer AG. Gegen allfälliges betriebsschädigendes Verhalten lässt sich klagen.

Das wird kaum geschehen. Verhaltensauffällige Stiftungsräte gelten als systembedingte Folklore. Die parteiliche Umfärbung des offiziell unabhängigen einstigen Kuratoriums je nach Wechsel der politischen Mehrheitsverhältnisse ist ein traditionelles Machtritual. Doch seit der türkisblauen Dominanz erreicht diese Unsitte einen neuen Tiefpunkt. Stegers Ausfall reiht sich nahtlos an die Faschingsendattacke von Heinz Christian Strache gegen ZIB2 und Armin Wolf. Inklusive der folgenden Klagen kontra den Vizekanzler der Republik sorgt der Fall bis heute für internationales Aufsehen.

Journalistische Unabhängigkeit auch oder insbesondere öffentlich finanzierter Medien ist ein wichtiges Merkmal liberaler Demokratie. Norbert Steger, der 1986 Jörg Haider weichen musste, galt als liberal. Seine aktuelle Fehlleistung zerstört dieses Image, disqualifiziert für den Vorsitz im ORF-Stiftungsrat und entlarvt ihn als Teil jener FPÖ, die eher via Facebook agitiert, als sich seriösen Medien zu stellen.

Propagandadenken statt Kontrollakzeptanz: Die darauf fehlende Reaktion von Medienminister Gernot Blümel ist ein trauriges, aber typisches Merkmal für diese Koalition. Wer den Mund hält, stimmt nicht immer zu. Doch wer zu lange schweigt, riskiert schwere innere Haltungsschäden.

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