Hitlerjungens heftige Unschuld
Thomas Taborsky über den Film "Jojo Rabbit" von Taika Waititi.
Thomas Taborsky über den Film "Jojo Rabbit" von Taika Waititi.
Die Traditionslinie der kontroversen Filme zum Thema Drittes Reich verbucht einen Neuzugang: Kalt lassen wird „Jojo Rabbit“, die aus der Sicht eines Zehnjährigen erzählte Mischung aus Farce und Ernst, die Wenigsten. Die entscheidende Frage ist daher einmal mehr: Können wir uns auf die Absicht konzentrieren oder fixieren wir uns auf seine Oberfläche? Der Nationalsozialismus übt auf den kleinen Jojo (Roman Griffin Davis) eine Wirkung wie ein Pop-Phänomen aus, wie die Beatlemania, die sich hörbar darüber legt. Sogar seine Jungvolk-Ausbildner sind als anfassbare Vertreter der eigentlichen Kultperson Stars. Stars wie Hauptmann K (Sam Rockwell), bei dem der Nachwuchs vor lauter Rampenlicht-Gepose die Angewidertheit und den Griff zum Flachmann gar nicht bemerkt. Der Abgott wartet derweil im Kinderzimmer: Seit der Vater weg ist, die Schwester tot und er nur noch zusammen mit der Mutter lebt, ist Adolf Hitler höchstpersönlich Jojos imaginärer Freund – ein guter Zuhörer und Ratgeber, solange der Junge seine Hetze frisst und ihm viel Aufmerksamkeit schenkt.