Ikone schon zu Lebzeiten

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Luis Buñuel machte sie als "Belle de Jour“ bekannt: Catherine Deneuve gehört zu den Großen des französischen Kinos. Nun kommt sie in einem François-Ozon-Film wieder auf die Leinwand.

Catherine Deneuve liebt Gartenarbeit. Stundenlang verbringt sie damit, Unkraut zu jäten und ihre Pflanzen zu pflegen. Das alles im Jogginganzug und mit dicken Handschuhen. Doch Deneuve, die Ikone des französischen Kinos, diese Schauspielerin, die mit Regisseuren wie Truffaut, Buñuel oder Polanski drehte, tut das nicht etwa zur Entspannung. "Wenngleich ich einen sehr stressigen Alltag habe“, sagt die 67-Jährige: "Wenn ich nicht drehe, dann reise ich herum, um Promotion für meine Filme zu machen.“ Nein, Deneuve arbeitet in ihrem Garten, weil "man dadurch die Natur zu schätzen lernt“, sagt sie im FURCHE-Interview: "Die Natur gewinnt immer, man kann nur versuchen, sie ein wenig im Zaum zu halten. Sie ist so viel stärker als wir. Durch Gartenarbeit lernt man Bescheidenheit.“

Der Ruf einer Diva

Eine Eigenschaft, die man der Deneuve nicht von vornherein attestiert. Sie gilt als Diva, die stets in Haute Couture über die roten Teppiche schreitet. Sie ist verschrien als eitel, schnippisch, unnahbar. Im Gespräch präsentiert sich Deneuve dem entgegen als sympathische Frau, die mehr über ihre Familie nachdenkt als über ihre Karriere. Diese Deneuve ist keine Diva. Auch, wenn sie beim Interview eine Zigarette nach der anderen raucht, obwohl in diesem Hotelzimmer im "Bayerischen Hof“ in München Rauchverbot herrscht. Ein Filmstar darf so etwas. "Ich hatte elf Jahre lang nicht geraucht“, sagt sie. "Aber ich habe dann aus Nervosität wieder angefangen. Es ist überall verboten heute, das finde ich sehr langweilig.“

Catherine Deneuve gehört zu jenen Schauspielerinnen, die schon zu Lebzeiten zu Legenden verklärt werden. Ihr Œuvre ist beeindruckend: Sie hat in unzähligen Klassikern der Filmgeschichte mitgewirkt, von Luis Buñuels "Belle de Jour“ (1967) über "Die letzte Metro“ (1980) von François Truffaut bis hin zu "Indochine“ (1992), "Dancer in the Dark“ (2000, Lars von Trier) oder "8 Frauen“ (2001, François Ozon). Bemerkenswert: Anders als andere Schauspielerinnen, deren Kapital die Schönheit ist, gab es bei Deneuve nie einen altersbedingten Karriereknick. Bis heute spielt sie kontinuierlich in großen französischen Produktionen.

Mit 16 begann die dritte von vier Töchtern einer Schauspielerfamilie ihre Karriere. Ihre ältere Schwester Françoise Dorléac brachte sie zum Film. Dorléac starb 1967 bei einem Autounfall, ausgerechnet in jenem Jahr, als Deneuve mit "Belle de Jour“ ihren großen Durchbruch hatte. Jahrelang hat Deneuve unter dem Tod der geliebten Schwester gelitten. François Truffaut hatte mit Dorléac das Ehedrama "Die süße Haut“ gedreht. Später besetzte er Deneuve in "La Sirène du Mississippi“ (1969) und "Die letzte Metro“. Die Schwestern sahen sich ähnlich. Und beide hatten großes Talent.

Mehr als ein Ziergegenstand für Blitzlichter

Doch im Showgeschäft ist Talent allein zu wenig. Deneuve ist des Öfteren auf ihr Äußeres reduziert worden. "Sie ist so schön, dass ein Film, in dem sie spielt, auch ohne Geschichte auskommt“, hat François Truffaut über sie gesagt. "Das ist normal in unserem Geschäft“, sagt Deneuve: "Denn wenn wir über den roten Teppich gehen, sollen wir nichts anderes sein als schön.“ Ziergegenstände für die Blitzlichter. "Dabei habe ich darunter immer am meisten gelitten“, sagt sie heute. "Es ist verdammt schwer, wenn alle um dich herum erwarten, dass du schön und perfekt bist. Ich musste erst lernen, damit umzugehen. Mit 30 hatte ich meine schwierigste Zeit, die Erwartungen zu erfüllen. Ich war damals ein schüchterner Mensch, mein Selbstvertrauen fand ich erst nach vielen Jahren.“ In der Öffentlichkeit zu stehen, das sei ein enormer Druck.

In ihrem neuesten Film, der Komödie "Das Schmuckstück“ von François Ozon, geht es um die Themen Selbstvertrauen, Schönheit, Ausbruch. Da spielt die Deneuve genau ein solches Schmuckstück: Als wohlhabende, aber belächelte Ehefrau eines reichen Schirmfabrikanten fristet sie ein Dasein als weiblicher Aufputz. Bis sie eines Tages ausbricht und die Leitung der Firma übernimmt. Später wird sie sogar als Politikerin reüssieren.

Politisches Engagement

"Der Film erzählt davon, wie groß die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen heute noch immer sind“, sagt Deneuve, die sich privat seit den 70er-Jahren immer wieder für soziale und politische Probleme einsetzte. "Ich habe mich in viele Debatten eingemischt, aber eine Kämpferin war ich nie“, sagt sie. Dennoch: "Ich finde, es wird Zeit für eine weibliche Präsidentin in Frankreich. Letztes Mal waren wir schon nah dran. Veränderungen sind möglich: Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass Amerika bereit für Obama ist?“ Eine Quotenregelung für Frauen hält Deneuve jedoch für Unsinn: "In Frankreich hat das bisher gar nichts gebracht.“

Trotz ihrer sozialen und gesellschaftspolitischen Aktivitäten - Deneuve engagiert sich unter anderem gegen die Todesstrafe, für Landminen-Opfer und gegen die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen - hat die Schauspielerin vermieden, Probleme allzu dicht an sich heran zu lassen. "Ich finde meine Balance nur, wenn ich nicht zu viel nachdenke“, sagt sie. Das betrifft auch das Älterwerden. "Ich habe keine Angst davor, aber Tatsache ist, dass man sich im Laufe des Lebens verändert. Man verliert seine Energie, dagegen muss man ankämpfen“, sagt Deneuve: "Für mich ist es schwierig, in Würde älter zu werden und mir meine Energie zu bewahren.“ Es sei irritierend, wenn man merke, dass der Körper immer länger brauche, um sich zu erholen. "Aber ich bin ein Fatalist, ich weiß sehr wohl, was uns am Ende alle erwartet. Das gefällt mir nicht, aber Angst macht es mir nicht.“ Wohl auch, weil Catherine Deneuve bei so viel Gartenarbeit gar nicht mehr zum Grübeln kommt.

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