Alain - © Foto: Stadtkino

Menschwerdung à la Mimran

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Alain Wapler ist ein vielbeschäftigter Mann. Allmorgendlich steht er um 5 Uhr 50 mit den Wirtschaftsnachrichten auf. Nach dem hastigen Frühstück hetzt der Automobilmanager von einem Termin zum anderen, zwischendurch gibt er noch Kurse an der Eliteuni Sciences Po, wo er seine Tochter, die die Vorlesung besucht entdeckt – zu Hause trifft sie den Herrn Papa ja kaum oder gar nicht an. Neben den schon an sich immensen Unwirtlichkeiten des Managerlebens verbeißt sich Monsieur Alain auch noch in die Produktion des Elektroautos LX2: Der Auto salon in Genf steht vor der Tür, und da muss die Innovation, die den Luxusautomarkt aufmischen soll, präsentabel sein.

In ein derartiges Leben passen physische Kalamitäten einfach nicht hinein: Eine ersten Schlaganfall ignoriert Monsieur Alain daher geflissentlich. Erst als er in seinem Dienstwagen bewusstlos zusammenbricht, bringt ihn der Chauffeur ins Krankenhaus, und Monsieur Alain findet sich in der Intensivstation wieder. Nun gibt es ein Problem: Der Gehirnschlag hat Monsieur Alains Sprachzentrum getroffen – er bringt Buchstaben durcheinander und muss von einer Logopädin wieder auf den rechten Sprachweg gebracht werden. Doch die Autobranche ist ein Haifischbecken, die Konkurrenten und präsumtiven Nachfolger scharren schon in den Löchern, derweil Monsieur Alain versucht, das Projekt LX2 zu retten.

Die Nervensäge von Industriellem muss sich nun mit der resoluten Sprech-Therapeutin, aber auch mit seiner Tochter und sonstigen kaum beachteten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen auseinandersetzen. Auf diese Weile muss Monsieur Alain – endlich – zu leben lernen. Der französische Regisseur Hervè Mimran hat die sympathische Komödie anhand der Autobiografie des vormaligen Airbus- und Peugeot-Managers Christian Streiff als Ausgangspunkt des Drehbuchs zu einem heiteren, aber auch ernsten Parforceritt eines aus den Fugen geratenen Lebens gestaltet. Eine wesentliche Mithilfe, dass dieser Plot aufgeht, stellt Hauptdarsteller Fabrice Luchini dar, der dem Alain Wapler unnachahmliche Authentizität und Präsenz verleiht. Ihm um nichts nachstehend gibt Leïla Bekhti der Rolle der Logopädin Jeanne eine herbe Färbung, die notwendig ist, um aus dem Ekel Alain einen Menschen zu machen. Tochter Julia (ebenfalls erfreulich: Rebecca Marder) spielt dabei den Katalysator und sucht gleichzeitig, so etwas wie verschüttete Vaterliebe freizulegen.

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