Beau Is Afraid.j - © Constantin

Psychofadesse – „Beau Is Afraid“

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Schamlose Selbstbespiegelung: Ari Aster ist mit seinem dreistündigen Mammutprojekt „Beau Is Afraid“ – trotz Joaquin Phoenix in der Titelrolle – ambitioniert gescheitert.

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Schamlose Selbstbespiegelung: Ari Aster ist mit seinem dreistündigen Mammutprojekt „Beau Is Afraid“ – trotz Joaquin Phoenix in der Titelrolle – ambitioniert gescheitert.

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Beau (Joaquin Phoenix) hat Angst. Soeben ist er von seinem Therapeuten zurückgekehrt, aber vor seinem Wohnkomplex rennen Verrückte herum, die ihm immer mehr auf die Pelle rücken. Nachbarn beschweren sich über den Lärm aus seiner Wohnung, obwohl er keinen Mucks von sich gegeben hat. Das Wasser wird abgedreht, die Kreditkarte gesperrt, der Wohnungsschlüssel gestohlen. Die ganze Welt scheint sich gegen Beau verschworen zu haben.

Das ist die Ausgangslage von „Beau Is Afraid“, dem mit Spannung erwarteten neuen Film des als Regiewunderkind gefeierten Ari Aster. Sofort wird ersichtlich, dass wir es nicht mit objektiv nachvollziehbaren Geschehnissen zu tun haben, sondern mit der zutiefst verzerrten Wahrnehmung eines psychotischen Protagonisten. Nachdem er übers Telefon vom Tod seiner Mutter erfahren hat, versucht Beau verzweifelt, nach Hause zurückzukehren, um an ihrem Begräbnis teilzunehmen. Eine surreale Odyssee nimmt ihren Lauf.

Aster, der sich mit den Horrordramen „Hereditary“ (2018) und „Midsommar“ (2019) einen Namen gemacht hat, setzt hier alles auf eine Karte. Noch nie hat das für seine Genrefilme bekannte Studio A24 so viel Geld lockergemacht, um ein künstlerisch dermaßen ambitioniertes Projekt zu finanzieren. Wer sich jedoch einen weiteren „Everything Everywhere All at Once“ erwartet, wird hier enttäuscht. Nach einem flotten schwarzhumorigen Beginn, der an die kafkaesken Szenarien von Charlie Kaufmann erinnert, kann „Beau Is Afraid“ das etablierte Tempo mitnichten halten.

Quälend lange neurotische Nabelschau

Am Ende entpuppt sich der Film als quälend lange neurotische Nabelschau, die selbst Philip Roth in den Schatten stellt. Beaus Schuldgefühle, die von einem wenig subtil herausgearbeiteten Mutterkomplex herrühren, werden einem derartig plump aufs Auge gedrückt, sodass es auch wirklich jeder kapiert. Das ist insofern kontraproduktiv, als Asters bisherige Filme gerade davon leben, dass sie wie Rätsel entschlüsselt werden wollen. Beaus Psychose wird hingegen bis ins letzte Detail ausbuchstabiert.

Joaquin Phoenix liefert eine gewohnt fulminante Performance ab, auch wenn man als Zuseher irgendwann genug von der ewigen Herumstotterei und dem unterwürfigen Getue der Figur hat. Selbst eine wunderschön in Stop-Motion animierte Traumsequenz kann am zwiespältigen Gesamteindruck nichts mehr ändern.

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