Reminiszenz an Robert Redford

Werbung
Werbung
Werbung

Es gibt Alterswerke von Schauspiellegenden, die in die Filmgeschichte gehören. Henry Fondas letzter Film, ein Jahr vor seinem Tod 1982 ins Kino gekommen, "Am goldenen See", wo der Star an der Seite von Katherine Hepburn und Tochter Jane Fonda brillierte (Henry Fonda erhielt überdies noch einmal einen Oscar dafür), ist solch ein spätes Spiel, das nur von wenigen vergleichbaren erreicht wurde.

Bei Robert Redford, der im August 84 wird, könnte man seine One-Man-Show in "All Is Lost -Überleben ist Alles"(2013) taxfrei als solches großes Alterswerk titulieren. Das Seenotdrama hatte es in sich. Nun, fünf Jahre später, kommt mit "Ein Gauner &Gentleman" Robert Redfords angekündigter Abschied von der Leinwand ins Kino. Einer der klassischen Gaunerfilme, an denen in Redfords Œuvre -man denke an "Zwei Banditen"(1969) oder "Der Clou"(1973) - ja kein Mangel herrscht. Und ein wenig Patina liegt schon jetzt auf dieser von David Lowery in Szene gesetzten Komödie. Aber natürlich hat Redford, der alte Haudegen, auch diesmal schauspielerisch noch genug drauf.

Der Plot geht von der wahren Geschichte des 70-jährigen Gentleman-Gauners Forrest Tucker (1920-2004) aus, der 18 Gefängnisausbrüche und mindestens ebenso viele Haftstrafen in seinem Leben hinter sich gebracht hat. Die Geschichte fußt auf dem biografischen Essay "The Old Man and the Gun", den David Gran 2003 in der Zeitschrift The New Yorker publizierte. Redford spielt Tucker, der es auch mit 70 Jahren einfach nicht lassen kann, eine Bank nach der anderen auszurauben. 1936, mit 16 Jahren, wurde der Berufsverbrecher erstmals eingesperrt, "Ein Gauner &Gentleman" erzählt von den letzten Raubzügen des Delinquenten Anfang der 1990er-Jahre.

Die Methode ist so einfach wie effektiv: Der soigniert aussehende Tucker spaziert in eine Bank, reiht sich einmal am Schalter in die Schlange oder fragt nach dem Direktor, weil er einen Kredit beantragen oder eine größere Einzahlung tätigen wolle. Irgendwann im Lauf des amikalen Geschäftsgesprächs weist er auf seine Pistole hin, die er unter seinem Mantel auf die verängstigte Schalterkraft oder den nicht minder zitternden Direktor gerichtet habe -und schwupps händigen ihm die Bedrohten Geld aus; nicht immer viel, aber genug, um über die Runden zu kommen.

Manchmal ist der Plan aber doch gar zu einfach, und die Hüter des Gesetzes können sich erfolgreich an die Fersen Tuckers heften -und sie haben eben 18 Mal Erfolg. Und der Ganove schaffte es ebenso oft, aus der jeweiligen Verwahranstalt zu entkommen und den nächsten Gentleman-Raubzug anzugehen.

84-Jähriger spielt 70-Jährigen

Bei seinem letzten Plan kommt Tucker aber Amor ein bisschen in die Quere. Denn der Gentleman ist auch ein Schwerenöter, und die erdverbundene Witwe Jewel (Redford ebenbürtig: Sissy Spacek), der Tucker auf eine fast schüchterne Weise den Hof macht, lenkt ihn von seiner professionellen Konzentration ab. Und wie beim leibhaftigen Tucker weiß auch Jewel (eine fiktionale Figur des Drehbuchs) nichts von seiner illegalen Profession. Oder vielleicht doch?

Die dritte wichtige Figur des Films stellt Detective John Hunt dar, der Tucker auf den Fersen zu bleiben sucht. Hunts Rolle hat Casey Affleck übernommen, der mit Regisseur David Lowery bereits in dessen Film "A Ghost Story" (2017) zusammenarbeitete. Hunt, schnauzerbehaart, legt eine beinah komödiantische Performance hin. Er ist mit einer Afroamerikanerin verheiratet und schon von den Unbilden des Lebens zumindest arg genervt. Dass er einem wie Tucker nun das Handwerk legen soll, fordert (und überfordert) ihn ordentlich.

Als Reminiszenz an Robert Redford, einen der ganz Großen sowohl Hollywoods als auch des Independent Films (das alljährliche Sundance Festival ist ja seine Gründung), ist "Ein Gauner &Gentleman" natürlich schwer in Ordnung. Und dahinter, dass ein 84-Jähriger einen 70-Jährigen authentisch darstellen kann, blitzt die Größe des Altmeisters noch einmal auf. Da verschmerzt man, dass sein "letzter" Film im seichteren Genre angesiedelt ist.

Ein Gauner & Gentleman (The Old Man and the Gun) USA 2018. Regie: David Lowery. Mit Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Affleck. Thimfilm. 93 Min.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung