Revanche - © Filmladen  Johannes Krisch und Ursula Strauss

"Revanche": Dieses gottverdammte Leben

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"Revanche": Götz Spielmanns Spiel von Schuld und Rache ist der österreichische Film des Jahres.

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"Revanche": Götz Spielmanns Spiel von Schuld und Rache ist der österreichische Film des Jahres.

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Schuld und Sühne". Oder: Dostojewski im 21. Jahrhundert. Man soll ja mit weltliterarischen Vergleichen äußerst sparsam umgehen, aber angesichts von Götz Spielmanns Opus "Revanche", das nun in die Kinos kommt, muss man den russischen Großmeister einfach bemühen. Und nach Festival-Erfolgen, etwa der Prämierung als Bester europäischer Film auf der diesjährigen Berlinale oder dem Großen Diagonale-Preis in Graz, kann - und sollte! - sich auch der heimische Zuschauer den besten österreichischen Film dieses Jahres zu Gemüte führen.

Alex - Lebens-Tollpatsch mit kleinkrimineller Vergangenheit und zur Zeit Handlanger eines Wiener Strizzis (Hanno Pöschl einmal mehr in typischer Rolle) - träumt von seiner kleinen großen Zukunft. In der ukrainischen Prostituierten Tamara (vom Techtelmechtel darf der Chef ja nichts wissen!) hat er endlich seine Liebe gefunden und will mit ihr abhauen. Damit er das kann, plant er das perfekte Verbrechen, einen Banküberfall in einer Kleinstadt. Alles ginge gut, käme ihm nicht Polizist Robert, auch er ein wenig ein Loser, in die Quere: Dieser erschießt die beifahrende Tamara - versehentlich, denn er hat ja auf die Reifen des Fluchtautos gezielt.

Vor Schmerz rasend kommt Alex beim einsiedlerischen Großvater (Hannes Thanheiser), der nahe der Kleinstadt ein Landwirtschafterl betreibt, unter. Ein "Lump" sei er, meint der Alte über den Enkel. Und der vergräbt sich in die Schwerarbeit des Holzhackens, um den Schmerz zu betäuben, der ihm, den einmal mehr vom Schicksal Verlassenen, beinahe den Verstand raubt. Doch Alex' Wege kreuzen sich immer wieder mit jenen von Robert, dem unglücklichen Todesschützen, der mit seiner "Tat" nicht fertig wird.

Wer in dieser "Dostojewski-Konstellation" den Raskolnikow gibt - Alex, der vom Leben so Bestrafte, oder Robert, dessen kleinbürgerliche Fassade so jäh einstürzt, ist nicht klar auszumachen und weist auf das Schillernde des Plots hin, für den ebenfalls Götz Spielmann verantwortlich zeichnet.

Beim Großvater lernt Alex Susanne, die Frau von Robert kennen: Über sie kann er jene "Revanche" an Robert nehmen, die ja schon der Filmtitel ins Spiel bringt. Abgründe und das Changieren zwischen Gut und Böse, Schuld und Strafe zwischen den Protagonisten - dieser "Reiz" des Filmes ist unnachahmlich, auch wie dies durch geschickte Naturbilder und Kameraführung verstärkt wird.

Johannes Krisch als einsamer Wolf Alex biete eine grandiose Schauspielleistung, Andreas Lust steht dieser als nicht minder in sich vergrabener Polizist Robert wenig nach. Und - gäbe es hier einen Nebenrollen-Oscar zu vergeben: Was der 82-jährige Hannes Thanheiser aus diesem Großvater nuanciert herausholt, hätte einen solchen Preis mehr als verdient.

Ein österreichischer Film, der in Abgründe blicken lässt, der aber nicht auf jenes Augenzwinkern vergisst, welches bekanntlich das austriakische Überlebenselixier darstellt. Diese Kombination aus Tiefsinn und (schwarzem) Humor hat Spielmanns Opus an die Spitze heimischer - und: europäischer - Filmkunst katapultiert.

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