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"Samaria": Verlogene Unschuld

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Kim Ki-Duks "Samaria": Verstörend-faszinierende Schilderung von Sex und Gewalt in der nicht fragenden Gesellschaft Koreas.

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Kim Ki-Duks "Samaria": Verstörend-faszinierende Schilderung von Sex und Gewalt in der nicht fragenden Gesellschaft Koreas.

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Sex und Gewalt bilden im asiatischen Kontext ein schreckliches Paar, fernöstliche Filme thematisieren diese Verwobenheit auf je eigene Weise. In "Samaria" packt der koreanische Regisseur Kim Ki-Duk das verschwiegene Thema der Prostitution Minderjähriger in den Kontext einer scheinbar heilen Welt: Eine in Tabus und heimlichen Tabubrüchen gefangene Gesellschaft zeitigt fatale Folgen.

2004 erhielt Kim auf der Berlinale mit "Samaria" den Silbernen Bären für die Beste Regie, der Preis mag sowohl für die formale als auch für die erzählerische Gestaltung gelten. Auch die 19-jährige Hauptdarstellerin Kwak Ji-Min, die hier ihr Kinodebut gibt, agiert so authentisch, dass sich ihre Darstellkunst für künftige Preise empfiehlt.

Die Schülerin Yeo-Jin betätigt sich als "Managerin" ihrer besten Freundin, der gleichaltrigen Jae-Young. Jae Young verdingt sich als Prostituierte; von den Einnahmen wollen die Mädchen eine Europareise finanzieren. Einmal passt Jeo-Yin nicht genug auf und übersieht Polizisten, die nach minderjährigen Prostituierten fahnden: Jae-Young kann nicht mehr fliehen, springt aus dem Motel-Fenster, wo sie mit ihrem Freier war - und stirbt in den Armen von Yeo-Jin. Yeo-Jin fühlt sich schuldig und versucht daraus zu entrinnen: Sie schläft mit den Freiern Jae-Youngs und gibt ihnen das Geld, das diese ihrer Freundin für ihre Dienste gezahlt haben, zurück. Yeo-Jins Vater kommt der Tochter auf die Schliche, spürt den Freiern nach und verstrickt sich selbst in den Strudel der Gewalt.

Kim Ki-Duk erzählt diese mitnehmende Geschichte schonungslos und lässt kein bitteres Ende aus: Eine Gesellschaft wird gezeigt, in deren Mitte Gewalt und Verlogenheit wüten (harmlose Familienväter und ehrbare Männer gehen zum Dessert mit Schulmädchen ins Bett...), in der aber keinerlei Auseinandersetzung stattfindet. Vor allem die völlige Negation von Kommunikation macht den Schauder von "Samaria" aus, der aber durch die Farben und die Farbigkeit des Gezeigten wieder gebrochen wird.

Kein moralisierender Film, aber einer der den Zuschauer nach Antwort heischen lässt; einer, der genau nicht im Nihilismus unentrinnbarer Schicksale schwelgt, sondern die grausamen Fragen einer nicht fragenden Gesellschaft hervorholt - und daraus auch verstörende Faszination gewinnt.

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