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Sittengemälde: „In der Nacht des 12.“

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Dominik Molls realistischer Kriminalfilm zeigt Gesellschaftsprobleme Frankreichs auf.

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Dominik Molls realistischer Kriminalfilm zeigt Gesellschaftsprobleme Frankreichs auf.

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Letztes Jahr protestierte in Frankreich die „Police Judiciaire“ gegen Macrons Neuordnung des Polizeiapparates. Auch Richtern missfiel die Reform, da sie das Prinzip der Gewaltenteilung bedrohe.

Dass die Probleme aber tiefer reichen, gar die gesamte Gesellschaft betreffen, das führt Dominik Molls realistischer Kriminalfilm „In der Nacht des 12.“ eindrücklich vor Augen. Er stützt sich auf einen der Berichte in Pauline Guénas Buch „18.3. Une année à la PJ“. Ein Jahr lang verfolgte sie die Arbeit der Versailler „Police Judiciaire“.

Mord als Einstand für den Kommissar

Ausgangspunkt der Handlung ist der 12. Oktober. In dieser Nacht wird bei der Grenobler Kriminalpolizei ein Generationswechsel gefeiert, der erlaubt, alte Gewohnheiten infrage zu stellen. In das Team, das anfangs nur aus Männern besteht, bringt der junge Vorgesetzte Yohan frischen Wind. Der zurückhaltende Kommissar verlangt von den Beamten Selbstkontrolle und Einhaltung der vorgeschriebenen Abläufe, seine sachliche Haltung bestimmt zugleich den formalen Ton des Filmes. In der Nacht seines Einstandes ereignet sich auch die Tat seines ersten Falles. In einer Kleinstadt in den Bergen wird eine junge Frau auf dem Nachhauseweg von einer vermummten Person mit Benzin in Flammen gesetzt.

Präzise und tiefgründig beobachtet Moll das Geschehen auf mehreren Ebenen. So schildert er nicht nur, wie die Kriminalpolizei den Hergang ganz klassisch zu ermitteln sucht, sondern macht auch die Tücken, die persönlichen Belastungen ihrer Arbeit anschaulich. Der Beruf des Ermittlungsbeamten ist Berufung, unbezahlte Überstunden sind selbstverständlich. Dass der bedingungslose Einsatz zu Frustrationen, zu scheiternden Ehen führt, wird etwa anhand des von seiner Frau betrogenen Kollegen Marceau vorgeführt. Seine enttäuschte, eifersüchtige Liebe wird wiederum auf der Arbeit abreagiert, wenn er einem virilen Zeugen ein Geständnis abpressen will.

Überdies ist Molls Film ein diskussionswürdiges Sittengemälde. Anhand der Zeugenaussagen durchleuchtet er die Beziehungen von Männern und Frauen und richtet grundsätzliche Fragen an eine von Männern geprägte Institution. Wie beeinflusst das Geschlecht den Gang der Untersuchung? Gelingt es den Beamten, sich im Dienst immer von sich selbst zu distanzieren und eine unverstellte Perspektive einzunehmen? Darüber lässt sich nach dem Kinobesuch trefflich debattieren.

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