Lass mich fliegen - still - © Foto: Polyfilm

Wenn sie uns machen ließen ...

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Der Autor Thomas Taborsky zum Dokumentarfilm „Lass mich fliegen“ von Regisseurin Evelyne Faye.

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Der Autor Thomas Taborsky zum Dokumentarfilm „Lass mich fliegen“ von Regisseurin Evelyne Faye.

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Es gibt nicht nur die eine Normalität, schon gar nicht im Film. Evelyne Faye zeigt in der ersten Hälfte ihres Dokumentarfilms „Lass mich fliegen“ fast ausschließlich Menschen mit Down-Syndrom. Sie führen ihr Dasein, genießen den Sommer, verfolgen Interessen. Prägen in dieser filmischen Welt die Norm. Unterbrochen wird sie erst, als neben ihnen auch andere ins Bild kommen und die Hindernisse angesprochen werden, die ihnen die Mehrheit der Bevölkerung bei der Lebensgestaltung auch heute noch aufbaut. Sei es die Chance auf einen Job – Opernliebhaberin Andrea etwa berichtet über ihre Tätigkeit als Betreuungsassistentin in der Altenpflege, ehrenamtlich, immer wieder. Sie müsse sich damit abfinden, arbeitslos zu sein, meint die Deutsche, die regelmäßig Vorträge über ihre Erfahrungen hält. Aber auch bei Liebe, Ehe und Kinderwunsch greift die Gesellschaft ein: Erst vor kurzem wurden in Österreich die Sachwalterschaften durch ein bezeichnenderweise Erwachsenen-Schutz-Gesetz benanntes Regulativ ersetzt. Engagieren will sich in diesem Bereich Magdalena, die als Kund(inn)enrätin beim Fonds Soziales Wien kandidiert und Gleichstellung fordert. Die aber schon bei der Geburt beginnen sollte: „Du bist keine Diagnose“, richtet die Filmemacherin selbst das Wort an ihre Tochter Emma Lou, die ebenfalls Trisomie 21 hat. Aus ihrer eigenen Erfahrung machte Faye bereits 2014 das Kinderbuch für Erwachsene „DU BIST DA – und du bist wunderschön“, dem eine App folgte. In „Lass mich fliegen“ erweitert sie den Blick auf die möglichst selbstbestimmte Zukunft, die sie ihrer Tochter wünscht. Auch wenn die dokumentarischen Ansätze dieses Regiedebüts eher konventionell sind, findet Faye starke Protagonistinnen und Protagonisten, die eine lebensfrohe Grundlage für ihr Inklusionsplädoyer liefern. Schon allein, als sie von ihnen wissen will, was sie sehen, wenn sie in den Spiegel schauen. Evelyne Fayes Antworten darauf sind vielleicht normaler – und positiver – als jene, wenn wir uns selbst mit dieser Frage vor einen Spiegel stellen.

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