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„Wie im echten Leben“: Unsichtbare sichtbar machen

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Juliette Binoche brilliert in Emmanuel Carrères Sozialdrama „Wie im echten Leben“ als Schriftstellerin, die zu Recherchezwecken als Putzfrau arbeitet.

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Juliette Binoche brilliert in Emmanuel Carrères Sozialdrama „Wie im echten Leben“ als Schriftstellerin, die zu Recherchezwecken als Putzfrau arbeitet.

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Wie die junge Christèle (Hélène Lambert) im Arbeitsamt verzweifelt gegen die Behandlung durch die Beamtin protestiert und darlegt, wie eine Kündigung ihre jetzt schon prekäre Situation als alleinerziehende Mutter von drei Kindern dramatisch verschärfen wird, ist eine starke Auftaktszene. Dringlichkeit gewinnt hier ihre Situation, wühlt auf und macht wütend.

Aus dem Hintergrund beobachtet Marianne Winckler (Juliette Binoche) diese Szene. Die bekannte Schriftstellerin ist von Paris in die Normandie gereist, wo sie niemand kennt. Verdeckt will sie für ihr neues Buch über die Arbeitsbedingungen von Putzfrauen recherchieren und gibt sich dazu als Arbeitssuchende aus.

Selbst hat sie wohl auch Bedenken hinsichtlich dieser Unehrlichkeit, rechtfertigt sich aber damit, dass sie mit der realistischen Schilderung der Arbeitsbedingungen Missstände aufdecken und die „Unsichtbaren sichtbar“ machen kann. Als Grundlage für seinen Spielfilm diente Emmanuel Carrère Florence Aubenasʼ Buch „Le Quai de Ouistreham“ („Putze! Mein Leben im Dreck“).

Lügen für den guten Zweck?

Spannende – und auch bedrückende – Einblicke in die Arbeitswelt von Putztrupps bietet „Wie im echten Leben“ über Binoche als Identifikationsfigur in der ersten Hälfte. Unmögliche Arbeitszeiten und ständige Verfügbarkeit spricht Carrère ebenso an wie den permanenten Zeitdruck und die jederzeit drohende Entlassung.

Auf den Job auf einem Campingplatz folgt bald die Reinigung der Fähren, die von Ouistreham nach Portsmouth verkehren. In 90 Minuten müssen 60 Kabinen gereinigt und die Betten neu bezogen werden. Den Gestank in den Toiletten kann man phasenweise zwar fast riechen, doch dem Sozialdrama fehlt letztlich die Entschlossenheit bei der Schilderung der bedrückenden Situation dieser Frauen.

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