Nur eine Frau - Almila Bagriacik spielt in „Nur eine Frau“ Aynur Sürücü, die 2005 mitten in Berlin einem „Ehrenmord“ anheimfiel. - © Filmladen

Wie Zusammenleben nicht sein darf

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Der Fall liegt schon eineinhalb Jahrzehnte zurück: Der Ehrenmord an Hatun Aynur Sürücü durch ihren jüngsten Bruder in Berlin ließ anno 2005 die Öffentlichkeit fassungslos zurück. Nicht minder empörend empfanden viele das milde Urteil: Die Familienmitglieder der Sürücus gingen aus Mangel an Beweisen frei, nur der Todeschütze, der alles als „Einzeltat“ auf sich genommen hatte, kam mit einer Jugendstrafe, sprich: neun Jahren Haft davon – und wurde nach deren Verbüßung in die Türkei abgeschoben.

Regisseurin Sherry Hormann („Wüstenblume“) verfilmt in „Nur eine Frau“ die Geschichte der Aynur in quasi-dokumentarischem Zugang, das Drehbuch von Florian Oeller beruht auf Recherchen des Falls und Gesprächen mit vielen Beteiligten. Ein beklemmendes und mitreißendes Zeugnis stellt diese filmische Aufarbeitung dar: Wie die 15-jährige Aynur in der streng-patriarchalischen sunnitisch-kurdischen Familie ihrer Freiheit und Selbstbestimmung beraubt wird, ist ein aufrüttelndes Beispiel dafür, wie Zusammenleben mitten in Europa nicht funktionieren darf.

Gleichzeitig stellt die unbändige Kraft, mit der Aynur, die glaubwürdig von der jungen Schauspielerin Almila Bagriacik dargestellt wird, ein Hoffnungszeichen dar: Gegen den Willen der Familie verlässt sie in der Türkei ihren gewalttätigen Ehemann, mit dem sie verheiratet wurde, zieht dann auch aus der Familienwohnung in Berlin-Kreuzberg aus, legt das Kopftuch ab und bringt sich und ihren kleinen Sohn Can allein durch; sie beginnt eine Ausbildung – aber als sie an der Schwelle der wirklichen Selbstständigkeit steht, geschieht der Mord.

„Nur eine Frau“ erzählt die Geschichte nüchtern, mit teilweise flapsigen bis sarkastischen Kommentaren der Aynur aus dem Off. Der Plot sucht keine eindimensionale Darstellung zu vermitteln, es gibt auch andere Türkischstämmige, die nicht dem rigiden religiös-kulturellen Korsett der Sürücüs anheim gefallen sind. Aber bedrückend bleibt das Schicksal dieser starken Frau, die mit ihrem Leben bezahlt, doch sehr.

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