Zarte Liebe im Großmarkt

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Thomas Stubers zweiter Kinofilm "In den Gängen" zählte zu den Höhepunkten der heurigen Berlinale. Einfach und reduziert ist die Handlung dieser verfilmten Kurzgeschichte von Clemens Meyer. Im Mittelpunkt steht der junge Christian (Franz Rogowski), der in einem ostdeutschen Großmarkt seine Probezeit beginnt. Lange verlässt der Film diesen Arbeitsort nicht, konzentriert sich ganz auf die Arbeitsabläufe und die Einschulung des "Frischlings" - ebenso wie auf die langsame Entwicklung einer Freundschaft zum älteren Bruno (Peter Kurth), mit dem Christian in der Getränkeabteilung arbeitet, und das Aufkeimen der stillen Liebe zur "Süßwaren-Marion" (Sandra Hüller). Erst spät bietet Stuber in seinem in drei Kapitel gegliederten Film bruchstückhaft Einblick in die Vorgeschichte Christians, aber auch in die persönliche Situation seiner beiden Mitarbeiter.

Nicht auf ein großes Happy-End steuert der Film zu, der auch durch seinen brillanten Soundtrack besticht, zwischen klassischer Musik, erdigem Blues sowie Meeresrauschen, das man in der Stille bei den Bewegungen der Gabelstapler hören soll. Als größte körperliche Nähe erlaubt Stuber seinem schüchternen Protagonisten im Lager für Gefrierkühlkost, in das man nur mit Pelzkappe und dickem Mantel geht, seiner Marion zu zeigen, wie sich die Inuit begrüßen.

Nicht zuletzt diese Zurückhaltung nicht nur der Charaktere, sondern mehr noch der Regie, macht die von leisem Witz durchzogene Tragikomödie zu einem bittersüßen Kleinod. Ein ganz eigener Reiz und märchenhafter Zauber entwickelt sich durch die Verbindung von sozialrealistischer Schilderung der Arbeitswelt und lakonischem, aber immer mitfühlendem Blick auf die kleinen Leute, ihren Alltag, ihre Sehnsüchte und Nöte. Die Wahrhaftigkeit, die sich dabei entfaltet, sowie die unaufgeregte Erzählweise und die bis in die Nebenrollen perfekt besetzten Figuren sorgen dafür, dass sich dieser wunderbar zarte und zutiefst menschliche Film nachdrücklich ins Herz des Zuschauers schleicht.

In den Gängen D 2018. Regie: Thomas Stuber. Mit Franz Rogowski, Sandra Hüller, Peter Kurth. Polyfilm. 125 Min.

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