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„Zusammen leben“: „Jo, eh“ heißt nichts anderes als „Nein“

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Thomas Fürhapters Film dokumentiert das Zueinander von und mit Migrant(inn)en in Kursen, die in Wien von der MA 17 angeboten werden.

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Thomas Fürhapters Film dokumentiert das Zueinander von und mit Migrant(inn)en in Kursen, die in Wien von der MA 17 angeboten werden.

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Dass ein „Jo, eh“ in Wahrheit „Nein“ heißt, ist, genau genommen, nicht das geringste Problem an der Integration in die sogenannte österreichische Kultur, wie man in Thomas Fürhapters neuem Film „Zusammen leben“ lernt.

Ein freiwillig nutzbares Angebot waren einige Jahre lang die „Startcoachings“ und „Info-Module“ für Geflüchtete und Einwandernde, mit welchen die MA 17 unter dem Schlagwort „Zusammenleben“ diverse Integrationsangebote umsetzte. Für seinen Film hat Fürhapter gemeinsam mit Kamerafrau Judith Benedikt im CORE-Zentrum des 15. Wiener Gemeindebezirks einige dieser Kurse begleitet. Ein breit gefächertes Angebot an Informationstreffen zu Themen wie „Begrüßung“, „Beihilfen“, „Ehe und andere Beziehungsformen“, „Sexualität“, „Kopftuch“ und „Gewaltschutz“ wurde rege besucht. Einerseits von Geflüchteten, andererseits von Migrant(inn)en, die zum Beispiel aus beruflichen Gründen nach Österreich einwandern. Die rechtlichen Unterschiede macht Fürhapter in seinem Film nicht zum Thema, doch sehr wohl die diskursiven Verschiebungen, die damit einhergehen.

Was wird in den unterschiedlichen Zielgruppen vorausgesetzt? Welche Kurse richten sich an wen? Werden Deutsche genauso über „Nein ist Nein“ aufgeklärt wie etwa Iraker? Und welche „Bilder“ werden allein dadurch schon (re)produziert? Ebenjenem medialen und hegemonialen, stereotypen Bildrepertoire setzen Fürhapter und Benedikt lange nahe Einstellungen auf die Gesichter von Teilnehmer(inne)n und Kursleiter(inne)n entgegen. So erzeugt der Film eine Immersion und eine Spiegelung.

Die politisch oft instrumentalisierte „anonyme Masse“ wird menschlich greifbar in den Regungen vieler, aber ganz konkreter Individuen, und, effektiver noch, es wird spürbar, dass auch die Filmemacher(innen) nicht zuletzt aufgrund der sprachlichen Barrieren im jeweiligen Moment nie wissen konnten, „was“ genau sie gerade filmen. Es ist also auch ihrem intuitiven Einlassen auf die Stimmung, auf die Emotionalität der Menschen, ihre Gesichtsausdrücke, Gesten etc. geschuldet, dass „Zusammen leben“ exemplarisch zeigen kann, wie erst das vermittelnde Medium (in diesem Fall Film) etwas sicht- und fühlbar macht, was sonst (schier „unmenschlich“) in abstrakten Statistiken verhandelt wird.

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