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Abschiedsrede des Kardinals

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Kurz nach dem Eintreffen der Nachricht vom Torfe des Heiligen Vaters, hielt der Kardinal von Wien, Erzbischof Dr. Franz König, über alle österreichischen Sender und im Osterreichischen Fernsehen eine Rede, in der er dieses großen Papstes gedachte. Wir geben im folgenden die Rede des Kardinals im vollen Wortlaut wieder.

Die Redaktion

*

Mit sehr schwerem Herzen wende ich mich in dieser Stunde an Sie alle, meine lieben Hörer und Landsleute, um Ihnen mitzuteilen, daß soeben aus Rom die Nachricht vom Heimgang Johannes' XXIII. eingetroffen ist. Ich hatte Freitag, den 31. Mai, um 9.30 LIhr Rom verlassen mit dem Bewußtsein, daß die unmittelbare Gefahr für die Gesundheit des Heiligen Vaters gebannt zu sein schien. Bei meiner Ankunft in der Rotenturmstraße um 14 Uhr erwartete mich aber bereits die Hiobsbotschaft, daß der Papst im Sterben liege. In der Mittagszeit war die plötzliche Verschlechterung eingetreten, und gleich darauf wurde ihm die Krankenölung gespendet.

Noch am Abend vor meiner Abreise hatte er mir durch seinen Mitarbeiter, Erzbischof D e 11' A c q u a, sagen lassen, daß die aus Österreich überbrachten Medikamente als Zeichen der Sorge und Liebe ihn tief gerührt haben. Er hat uns daher noch in seinen letzten Stunden seinen Segen gesandt und seine Sympathie für unser Land offen bekundet. Jetzt steht sein rastloses und von Liebe zu allen Menschen erfülltes Herz still.

Vor seinem Sterben, nach dem Empfang der Krankenölung, hat er sich in einer Ansprache von seiner Umgebung verabschiedet und dabei zum Ausdruck gebracht, daß er sein Leben für die gute Beendigung des Konzils und für den Frieden der Welt aufopfere. Selbst sein Sterben wollte er damit noch mit klarem Geiste in den Dienst-der Kirche und der Welt stellen. “^r''tiaV'<Jefi guten'“Kampf “ge* 1<'impft, scinerl-'Lauf vollendet und den Glauben bewahrt. Selbst in den letzten Tagen seiner Krankheit hat er sich

keine Ruhe gegönnt und nicht an seine Person, sondern an sein Amt und an seine Aufgabe gedacht. Ich bin überzeugt, daß er bereits die Worte seines göttlichen Meisters vernommen hat: „Du guter und getreuer Knecht gehe ein in die Freuden deines Herrn.“

Lassen Sie mich im Geiste an der Bahre des toten Papstes niederknien, um im Namen der Katholiken meiner Diözese, in meinem Namen und aller Landsleute von ihm Abschied zu nehmen, ihm nochmals zu danken — in die Ewigkeit hinüber — für sein Werk und sein Beispiel, das er uns hinterlassen hat. Ich kann hier nicht sagen, was der Papst mir persönlich bedeutet hat. Ich möchte aber nochmals in Erinnerung rufen, was er den Katholiken und allen Menschen guten Willens bedeutete.

Da ist zunächst die Ausstrahlung seiner Persönlichkeit, die so viele in seinen Bann zog. Er hat dadurch das Amt des Papstes in ein neues Licht gestellt. Neben seiner kindlichen Frömmigkeit ist es seine echte und tiefe Menschlichkeit, seine wahrhaft christliche Persönlichkeit gewesen, die alle Menschen und alle Völker in seine brüderliche Sorge eingeschlossen hat. Ein Priester aus seiner unmittelbaren Umgebung, der jede Woche viele Stunden beim Heiligen Vater verbrachte, sagte mir einmal: Ich fühle mich immer gehoben und bereichert, wenn ich von diesem liebenswürdigen Mann fortgehe. Er ist immer gleich freundlich, nie launenhaft oder ungeduldig trotz der Fülle der Arbeit, die täglich von früh bis abends auf seinen Schultern lastet. Jeder Tag hat ein neues, gerütteltes Maß von Pflichten ihm aufgebürdet und jeden Tag, zu jeder Stunde, hatte er ein gutes Wort für die Vielen, die oft mühselig und beladen zu ihm kamen oder zu denen er sprechen mußte. Einer der geistlichen Dolmetscher bei den vielen Audienzen hat mir gestanden, daß er immer durch neue Gedanken und Anregungen dieses frommen und liebenswürdigen Papstes beeindruckt wurde; und nie ist ihm sein tägliches Arbeitspensum alltäglich geworden.

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