Birgit Birnbacher - © APA

Abseits aller Glanzbilder

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In ihrem neuen Roman „Ich an meiner Seite“ erzählt die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher vom Resozialisierungsweg eines jugendlichen Straftäters. Mit dokumentarischer Sicherheit zeigt sie auf, wie leicht ein Leben aus der Balance geraten kann.

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In ihrem neuen Roman „Ich an meiner Seite“ erzählt die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher vom Resozialisierungsweg eines jugendlichen Straftäters. Mit dokumentarischer Sicherheit zeigt sie auf, wie leicht ein Leben aus der Balance geraten kann.

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Was geschieht mit jemandem, dessen Leben sich schon in ganz jungen Jahren ausgeräumt anfühlt? Wie entwickelt man sich, verpflanzt in die Fremde und hineingestellt in eine plötzliche Wohlstandsverwahrlosung? Fragen, die aufhorchen und vorerst die Doppelbödigkeit des „ausgeräumten Lebens“ gar nicht durchschimmern lassen. Die Autorin Birgit Birnbacher spürt dem Weg dieses Jungen in ihrem neuen Roman „Ich an meiner Seite“ nach, der soeben im Zsolnay-Verlag erschienen und bereits mit Interesse erwartet worden ist.

Birnbacher bewegt sich schon seit längerer Zeit auf der literarischen Bühne. Für die in Salzburg lebende Soziologin und nunmehr freie Schriftstellerin hat sich jedoch mit dem Erhalt des Ingeborg-Bachmann-Preises im Vorjahr ein neues größeres Tor auf dem Literaturmarkt aufgetan. Bereits mit ihrem Siegertext „Der Schrank“ hat Birnbacher eine Frau in den Mittelpunkt gestellt, die im Kampf mit den Nöten des Prekariats in der neuen Arbeitswelt nicht Fuß fassen kann, weil ihre Tätigkeit „nicht zur Vollversicherung reicht“.

Vielschichtige Erzählung

Der Protagonist ihres jüngsten Romans steht noch um einiges weiter draußen am Gesellschaftsrand als die Hauptfigur ihres prämierten Prosatextes. Arthur ist 22 Jahre alt und gerade aus der Haft entlassen worden. Sein Versuch, wieder ins normale Leben zurückzukehren, gestaltet sich als Hürdenlauf. Birnbacher, die selbst einmal als Sozialarbeiterin tätig war, hat diese Geschichte, wie sie selbst sagt, einem realen Fall nachempfunden und ihn mit fiktionalen Elementen angereichert. Für ihren Stoff hat sie jahrelang in mühevoller Kleinarbeit recherchiert. In einem Interview mit den Salzburger Nachrichten beschreibt sie ihre Intention so: „Was ich zeigen wollte, ist, dass ein Mensch, der gesellschaftlich total abgestempelt wird, eben auch augenblicklich eine Tiefenschärfe entwickelt, sobald man sich mit ihm abgibt [...] Aber mit einer Haft fallen die Würfel und so, wie sie fallen, liegen sie dann auch.“ Birnbacher kreidet das herkömmliche rigide „Wirklichkeitsverständnis“ der Gesellschaft an sowie die leichtfertige Einteilung von Menschen in die Kategorien Gut und ­Böse. ­Gerade am Beispiel ihrer Figur versucht sie, ein komplexes Ursachenbündel aufzuschnüren und Handlungsmotive genauer zu belichten.

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