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Am Grabe: Gottes Lobgesang

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Die Lichter, die Kerzen, der goldene Glanz um das Marienbild am Hochaltar. Die Blumen, die Kränze, die Kinder im weißen Kleid dieses Maitages, auf dem die gewittrige Schwüle eines hohen Sommers ruht. Das weiße Haar, das graue Haar von Männern, die dem Hause angehören, dem Hause als Verwandte nahestehend, dem dieser Mann sein schönes, schweres, reiches Leben lang gedient hat: dem Hause Oesterreich. Wobei er dieses Haus lange schon, bevor ihm die Krone höchster Verantwortung und Last genommen wurde, in einem weiteren und größeren Sinne verstand als so manche seiner ängstlichen und kleingesinnten Anhänger vor und nach ihm.

Da ist er nun, ein letztes Mal vor den Augen der Oeffentlichkeit, dieser Welt, zugegegen: Friedrich Funder, in dem schmalen, kleinen Sarg, der sein Sterbliches birgt, in der Kirche Maria Treu. Um.ihn stehen die führenden Männer der Kirche und des Staates; sie nehmen Abschied von ihm, beugen sich vor ihm. Manch einer von ihnen hat ihn, diesen „kleinen Mann”, bei Lebzeiten gefürchtet, zumindest gescheut: freimütig, mit der Kühnheit des freien Dieners am Wort Gottes in dieser Welt, stand dieser Mann in seiner Zeit. Unbequem für manchen Mann, der hier und dort in führender Stellung war. Mochte es in früheren Jahren das Schwert der Feder sein, das da geehrt, geachtet und gefürchtet wurde, so war es später nicht minder das Wort des Freundes, des Mahners, des großen Warners.

Wer von den Menschen, die da in der dicht gefüllten Kirche Friedrich Funder die letzte Ehre gaben, mochte wohl daran denken: hier hat Oesterreich, und nicht nur die erste Regierungspartei, einen ebenso warmherzigen, leidenschaftlichen wie starkmütigen Freund verloren? Einen Freund, einen Mann des guten Rates. ..Staatsrat”: dazu hatte man ihn einmal, recht sehr gegen seinen Willen, gemacht und genannt. Friedrich Funder war mehr und war ein anderer: er war ein Vater und ein väterlicher Freund: er hätte in jenen Rat gehört, den Oesterreich, sehr zu seinem Schaden, bis heute nWB ’ bfęSitžf: in jėtieA Settät; defti die besten Köpfe des Volkes aus allen Lagern und Berufen angehören sollten. Ein Senat, der in einer Zeit dringend notwendig ist, in der es immer schwerer wird, daß das freie Wort des freien Mannes „ankommt”, sein Ziel erreicht.

Der „kleine Mann”, vor dem sich da am späten Nachmittag des 22. Mai 1959 ein letztes Mal einige Männer aus Regierune, Staat, Partei, Kirche verbeugten, hat einen Freimut gelebt, der heute bereits fast saeenhaft geworden ist, kaum nachdem sich die gelben Schollen der Erde über seinen Grabhügel eesenkt haben.

Da geht der Blick der Erinnerung von diesem Abschied in der lichterhellen Marienkirche zurück: von dem großen Glanz dieser Feier des öffentlichen Abschieds, dieses Abschieds der Oeffentlichkeit und in allen Ehren der Oeffentlichkeit, in das kleine Zimmer in der Strozzi- gasse, in dem in der Nacht des Pfingstmontags Friedrich Funder seinen letzten Kampf auf Erden kämpfte. Wer ihn da, schwer atmend, um den letzten Atemzug ringen sah, vermochte den bildhaften Eindruck nicht zu verscheuchen: wie ein Löwe, wie der Löwe zu Aspern, so lag er da, in dem winzigen Raum, der gerade Platz hafte für ein Bett und das allernötigste Gerät.

Wir sind nicht geneigt, Privatkulte zu errichten und uns in falscher Verklärung einem politischen oder persönlichen Fetischismus zu verhaften. Wer aber von der so überaus schlichten Wohnung dieses treuen Dieners Oesterreichs und seiner Kirche und im Wissen um den ebenso schlichten Lebensstil dieses Mannes hinauf- und hinüberblickt zu dem, was als Karrierismus, Anmaßung. Geltungssucht und nicht zuletzt Geldsucht heutzutage hochdrängt, der wünschte sich, daß dieses Bild, diese Wirklichkeit nicht aus der Erziehune unserer jungen Generation und nicht zuletzt einer jungen politischen Generation hinweggenommen, besser, daß es ihr erstmals eingepflanzt werden möge: Friedrich Funder verstand Politik als Dienst. Als Dienst am Staat, an der Kirche, am Volke, als Dienst am Mitmenschen. In diesem Sinne ver- wiltete er, ein von Gott bevollmächtigter „Minister”, sein Ministerium: sein Amt des Dienens, durch die Kraft des Wortes, des Rates.

Ein jedes Begräbnis ist ein Memento mori:

eine Aufforderung an jene, die an ihm „teilnehmen”, besser, zu leben, leben zu lernen.

An dieses Memento mori, an Friedrich Funders Begräbnis als ein letztes Wort der Bitte, der Mahnung an den politischen Menschen in Oesterreich, denken wir, als die lange Kolonne der Wagen über Gürtel und Mariahilfer Straße hinausgeleitet wird zum Hietzinger Friedhof.

Wer von den vielen Mitfahrenden, wer von den Menschen da auf der Straße hat es vernommen, hat es verstanden? Diese Bitte, diese Mahnung: bescheiden zu leben, Maß zu finden, in schwerem Ringen mit der Leidenschaft einer starken Natur. Die Bitte, die großen Worte zu lassen, zu meiden, Rücksicht zu nehmen auf den Freund und auf den Gegner.

Diese Bitte wird ein letztes Mal im gesprochenen Wort laut, als Weihbischof Dr. Streidt am Grabe, nachdem zuvor der Kardinal von Wien in der Kirche die Einsegnung vorgenommen hat, die Bitte aus dem schriftlichen Testament Friedrich Funders den Anwesenden übermittelt: von jeder Rede am Grabe Abstand zu nehmen, dafür aber, am Grabe, das Tedeum zu singen.

Da geht, noch einmal, der Blick des Chronisten zurück: gleitet zurück aus diesem dunstverhangenen, gewitterschwangeren Wiener Maientag in einen sommerheißen Maientag in Rom, vor einem halben Dutzend Jahren. Plötzlich ist diese Erinnerung da: Weihbischof Doktor Streidt hat am Grabe auf die feste Glaubenszuversicht des Entschlafenen verwiesen, mit dem Wort der Liturgie: Non confundar in aeternum; ich werde nicht zerstört werden in Ewigkeit.

Damals, im römischen Mai, sitzt, im Vatikan, der Chronist vor dem alten Waffengefährten Friedrich Funders, Conte Dalia Torre, dem Herausgeber des „Osservatore Romano”, der zu letzt noch beim Weltkongreß der katholischen Journalisten gemeinsam mit Friedrich Funder den Ehrenvorsitz führte.

Der alte Römer neigt sich vor und drückt lächelnd dem Chronisten ein Buch in die Hand: ein Präsent für seinen Freund Funder in Wien. Es trägt die Widmung: Con Funder in aeternum. Mit Funder in die Ewigkeit. Mit Funder, in seinem Geiste, in seiner Dienerschaft am freien Wort in Kirche und Staat, verbunden, in alle Zukunft hinein.

Aus der Kondolenzmappe

Zu dem schmerzlichen Verlust, der Sie durch das Hinscheiden Ihres Gatten getroffen hat, spreche ich Ihnen meine aufrichtige Anteilnahme aus.

BUNDESPRÄSIDENT SCHÄRF

CITTA DEL VAT1CANO. - PREGO VRE VOLER ESPRIMERE D1REZ10NE FURCHE VIVE CONDOGLIANZE MORTE DIRET- TORE FUNDER TANTO BENEMERITO PER LA STAMP A CATTOL1CA NELL’ AUSTRIA PARTECIPANDO FAMIGLIA E CASA EDI- TRICE PARTICOLARE CONFORTATRICE BENEDIZIONE APOSTOLICA.

CARDIN ALE TARDINI

Tieferschüttert habe ich heute morgen die Nachricht erhalten, daß Ihr verehrter Herr Gemahl, mein lieber und getreuer Freund, Staatsrat a. D. Dr. Friedrich Funder, entschlafen ist.

Ich bitte Sie, sehr verehrte gnädige Frau, den Ausdruck meines von Herzen kommenden Mitgefühls entgegenzunehmen.

Unser Freund Dr. Funder wird im Gedanken aller aufrechten Oesterreicher stets bei uns sein.

In aufrichtiger Verehrung

BUNDESKANZLER RAAB

Tiefstbewegt von der Nachricht des Hinscheitlens des Nestors der österreichischen Publizisten, Staatsrat Dr. Funder, spreche ich Ihnen u id dem Heroldverlag mein aufrichtiges Beileid aus.

DELLEPIANE

Liebe Frau Funder, soeben aus Luxemburg zurückgekehrt, erhalte ich die traurige Nachricht vom Hinscheiden Ihres Gatten, Staatsrat Dr. Friedrich Funder. Von ganzem Herzen sprechen wir Ihnen unser tiefstes

Beileid aus. Wir gedenken ganz besonders des beispielgebenden Katholiken, des großen Patrioten und des echten Oesterreichers, der uns in schwerster Stunde die Treue gehalten hat. Wir bitten Go , Er möge ihm seine unermüdliche Tätigkeit lohnen, Ihnen aber Seinen übernatür- ‘ichen Trost spenden.

OTTO

Ihnen, dem Rsdaktionsstab der Furche und dem ganzen Heroldhaus sage ich meine innigste Anteilnahme am Heimgang Ihres hochverehrten väterlichen Vorgesetzten / Seinem Beispiel zu folgen, ist edelster und treuester Dienst an Oesterreich / In aufrichtiger Verbundenheit DR. MAX VON HOHENBERG

Sehr geehrte Herren, während einer Dienstreise erreichte mich die Nachricht vom Heimgang Ihres Herausgebers. Es drängt mich, Ihnen meine aufrichtige Teilnahme zu bekunden. Es war mir stets ein Bedürfnis, bei sich bietenden Gelegenheiten meiner tiefen Verehrung für die Persönlichkeit des Heimgegangenen Ausdruck zu geben. Er hat durch seine Autorität und den Einsatz seiner Persönlichkeit Bedeutsames zur Kräftigung eines neuen friedlichen Verhältnisses zwischen den christlichen Kirchen beigetragen. Das werden wir Evangelischen ihm nie vergessen. Dabei gewann ich stets den Eindruck, daß es ihm nicht so sehr eine Sache politischer Ueberlegungen als vielmehr ein Anliegen des Gewissens und des Herzens war. Wie ein Vermächtnis des Verewigten wollen mir die Worte erscheinen, die er nach einem langen Gespräch mir vor zehn Jahren schrieb: „Man kann die schwere Heimsuchung, die über die Menschheit gekommen ist und sie mit noch größeren Uebeln bedroht, in ihrem tiefsten Sinn erfassen, wenn man sie als den göttlichen Ruf begreift, mit der Erfüllung des Liebesgebotes Ernst zu machen. Und wir Christen müssen in einem menschlich-brüderlichen Zusammenfinden das Beispiel geben.”

In der Mittrauer um Dr. Funder mit Ihnen verbunden Der Bischof der Evangelischen Kirche Augsb. Bek. in Oesterreich: gez. D. GERHARD MAY

Mit tiefer Erschütterung haben wir heute von einem Ereignis Kenntnis genommen, das nach der Natur des Lebens wohl zu erwarten war, dennoch aber den Abschluß einer großen Epoche unserer österreichischen Publizistik-, bedeutet. Die Oesterreichische Volkspartei verliert in Friedrich Funder einen Menschen, der ihr in der Blüte seines Lebens aufopferungsvoller Vorkämpfer, in den Jahren seiner Reife ein weiser und gerechter Mahner gewesen ist. Ich kann mir kaum denken, daß eine solche Persönlichkeit so bald zu ersetzen sein wird. Ueber seine publizistische und parteipolitische Tätigkeit hinaus wird er mir persönlich als Kampf- und Leidensgefährte für die Freiheit Oesterreichs unvergessen bleiben.

Oesterreichische Volkspartei.

Der Generalsekretär:

NR Dr. MALETA

Sehr geehrte Kollegen!

Gestatten Sie einem politischen Gegner, daß er an der Bahre Dr. Friedrich Funders, zugleich mit seinem Beileid zu Ihrem schweren Verlust, der hohen Anerkennung für die Person des Dahingeschiedenen Ausdruck gibt, der in seiner beruflichen Leistung, in seiner menschlichen Reinheit und in seiner moralischen Charakterfestigkeit uns allen ein Vorbild war. Wir sozialistischen Journalisten haben mit ihm heftige politische Kämpfe ausgetragen; wir haben uns mit ihm gefunden, als es um größere Dinge ging: um Oesterreich und um die menschliche Freiheit, Mit herzlichen kollegialen Grüßen OSCAR POLL AK Chefredakteur der „Arbeiter-Zeitung”

Anläßlich des Ablebens des von mir hochverehrten Herrn Staatsrates und Chefredakteurs Ihres Blattes erlaube ich mir, Sie im eigenen wie auch im Namen meiner Fraktionskollegen des aulrichtigsten Beileids zu versichern. Die Tätigkeit des Verstorbenen für unsere Heimat bedarf keiner besonderen Würdigung. Ich hatte die Ehre, Dr. Funder vor vielen Jahren kennenzulernen und habe ihm damals manche gedankliche Bereicherung zu verdanken gehabt. Wollen Sie daher bitte auch allen Mitarbeitern der Redaktion nochmals persönlich meine tiefempfundene Trauer ausdrücken.

NR Dr. WILFRIED GREDLER, Fraktionsobmann der FPOe

ln Folge des schweren Schicksalsschlages bitte meine tiefempfundenen Beileidsworte entgegenzunehmen.

DOMINIK MORAWSKI / Warschau Gruppe „Znak”

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