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Zum 70. Geburtstag hat Dietmar Grieser sich und seinen Lesern ein neues Buch geschenkt.

Ein Hauch von Nostalgie umweht das Vorhaben von Dietmar Grieser, der mit seinen Büchern Bildungshaine für jedermann errichtet in den imaginären Gärten einer großen Zeit, mit Schauplätzen, die aus anderen literarischen Zusammenhängen bekannt sind, mit Häusern und besonderen Betten, und nicht zuletzt auch mit verborgenen Ecken, in denen heimlichen Genies hausen und darauf warten, entdeckt zu werden.

Eine sonderbare Gesellschaft kann das ergeben, mit dem Erfinder der Mund-zu-Mund-Beatmung, mit sozialdemokratischen Volksbildnerinnen, die es bis zur Madonna in einer Landkirche gebracht haben.

Frauen, die entweder Königin am Nil waren oder die Gefährtinnen von Ghandi, tauchen ebenso auf wie Raumfahrtpioniere, die geachtet werden, obwohl sie nicht in den Weltraum geschossen wurden. Neben ihnen sitzt ein Guillocheur - eine Berufsbezeichnung, die vielleicht nur mehr Spezialisten in der Nationalbank etwas sagt -, dem die Sicherheit der Geldnoten von Maria Theresia bis zum Euro zu danken ist.

Vierzig Genies

Wer es prosaischer will, der vergisst nicht auf den Mann, dem der Genuss des Frankfurter Würstels geschuldet werden muss. Um im Verborgenen zu schlummern, genügen vergessene Entdeckungen ebenso wie Kunstfiguren, die ihre realen lebendigen Vorlagen vergessen gemacht haben - wie etwa im Fall der legendären Geierwally, die es als Malerin Anna Stainer-Knittel zu Ansehen gebracht hat.

In der Sammlung seines jüngsten Buches wurden 40 Auserwählte aufgenommen und wirkliche Größen finden sich neben halbseidenen Gestalten wie dem Goldfüllfederkönig Ernst Winkler, der mit medienwirksamen Aktionen bis zu vorgetäuschten Selbstmorden von sich reden machte und vor keiner Geschmacklosigkeit zurückschreckte, um sein Schreibwarengeschäft auf dem Kohlmarkt zu vermarkten. Winkler war es auch, der nach dem Aufruf von Karl Kraus an den Polizeiminister Schober nach dem Massaker an Demonstranten während des Justizpalastbrandes ein Plakat affichieren ließ: "Ich fordere Sie auf, nicht abzutreten."

Geschichte als Dekor

Geschichte kann Herrschaftsansprüche untermauern oder der Legimitierung von Macht dienen, Geschichte kann auch zum Dekor für das patriotische Wohnzimmer des Bildungsbürgers werden. Die Zeiten, in denen Heroen in Büsten gemeißelt und das Bildungsprogramm samt den Utopien und Fluchtpunkten die Fassaden der Häuser bevölkerten, sind fern. Der Wunsch, sich in guter, interessanter oder einfach auch in schillernder Gesellschaft zu wissen, ist deswegen nicht kleiner geworden.

Dietmar Grieser entspricht diesem Wunsch und gibt jedem seiner Leser das Gefühl, mehr zu wissen als man vielleicht meint. Materialisiert ist dieser Vorgang im Bonmot, das aber auch eine zwiespältige Natur haben kann. Es kann geäußert werden bloß um zu gefallen und ein bisschen zu täuschen oder auch als Appetitanreger Anwendung finden, wenn der Geschmack an Bildung geweckt wird, wie dies auch in diesem Buch der Fall ist.

Grieser entdeckt nicht, er spürt auf und er arrangiert sein Wissen wie ein kundiger Florist. Einen schönen Geburtstagsstrauß hat er sich damit selbst gebunden und in die Auslage gestellt zu seinem 70er.

Verborgener Ruhm

Österreichs heimliche Genies

Von Dietmar Grieser

Amalthea Verlag, Wien 2004

320 Seiten, geb., e 20,50

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