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Arabella

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Als Richard Strauss im September 1927, auf der Suche nach einem neuen Opernstoff, davon hörte, daß Hof mannsthal an einem Wiener Volksstück arbeite, interessierte er sich sofort dafür und wünschte sich von dem Dichter „ein Singspiel mit Musik und Kasperltheater“ oder ein „gesprochenes Volksstück mit musikalischen Einlagen“. Aber Hofmannsthal winkte zunächst ab.

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Als Richard Strauss im September 1927, auf der Suche nach einem neuen Opernstoff, davon hörte, daß Hof mannsthal an einem Wiener Volksstück arbeite, interessierte er sich sofort dafür und wünschte sich von dem Dichter „ein Singspiel mit Musik und Kasperltheater“ oder ein „gesprochenes Volksstück mit musikalischen Einlagen“. Aber Hofmannsthal winkte zunächst ab.

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Den immer drängenderen Bitten seines Komponisten nachgebend, holte er einen 1925 entstandenen Komödienentwurf mit dem Titel „Der Fiaker als Graf“ hervor, dessen Hauptmotive sich in seiner Phantasie bald mit der 1910 entstandenen Novelle „Ducidor — Figuren zu einer ungeschriebenen Komödie“ verbanden.

Im Mittelpunkt der um 1866 in Wien spielenden Handlung steht Arabella, die ältere Tochter des verarmten Rittmeisters Grafen Waldner, die zwar mehrere Verehrer, aber keinen ernsthaft in Betracht kommenden Freier hat. Dieser erscheint in der Gestalt Mandrykas, eines reichen jungen Witwers, eines Landadligen, den die „Reinheit seiner Dörfer“ umgibt und mit dem die Weite des großen, halbslawischen Österreich in eine wienerische Komödie hereintritt: in eine etwas zwielichtige Gesellschaft von vergnügungssüchtigen Schuldenmachern und Lebemännern. Strauss hatte zunächst Mühe, sich mit diesem Milieu zu familiarisieren, und auch für die Person der Arabella konnte er sich lange nicht erwärmen. Ihr Typ war nicht der seine. Hofmannsthal erklärt sie ihm: „Es ist diesmal keine Frau, sondern ein junges Mädchen. Aber ein ganz reifes, wissendes, ihrer Kräfte und Gefahren bewußtes junges Mädchen, durchaus Herrin der Situation, also eigentlich so viel wie eine junge Frau, und eine durchaus moderne Figur. Und überhaupt ist dieser Typ von jungen Frauenwesen der, welcher jetzt interessiert, und man muß nicht die alten Moden mitmachen, sondern die neuen kreieren helfen,tonst ist man ein schlechter Schneider.“

Die Arbeit an dem Libretto war recht mühsam, besonders am 1. Akt, der als letzter fertig wurde. Das Telegramm, in dem Richard Strauss dankend den Empfang bestätigt, hat Hofmannsthal nicht mehr geöffnet. Er ist am gleichen Tag, den 15. Juli 1929, in Rodaun gestorben. Die skandalumwitterte Uraufführung fand erst am 1. Juli 1933 in Dresden statt. Die am vergangenen Freitag als erste Neueinstudierung eines siebenteiligen Strauss-Zyklus im Rahmen des Jubiläumsmonats der Wiener Staatsoper gezeigte Aufführung basiert, was Regie und Ausstattung betrifft, auf einer Salzburger Festspielproduktion des Jahres 1958, die am 17. April des folgenden Jahres ins große Haus am Ring übernommen wurde. Die Inszenierung Rudolf Hartmanns ist, ebenso wie die Ausstattung Stefan Hlawas und die Kostüme Erni Knieperts, unauffällig, dem Sujet und Milieu angemessen — und daher gut. Hans Hotter betreute die Neueinstudierung, Berislav Klo-bucar hat sehr ordentlich dirigiert. Ciaire Watson war eine dekorative Arabella;', vielleicht um eine Nuance zu damenhaftstarr; sie sang ihre Partie mit Verständnis und Gefühl, ließ aber nichts von der „Schwierigkeit“ und Nervosität der Arabella durchblicken. Ihre Stimme ist zwar stark genug, aber nicht immer so schön, wie wir sie von früheren Auftritten in Erinnerung haben. —

Oskar Czerwenka und Christi Goltz als Graf und Gräfin Waldner bildeten ein prächtiges Paar. Eberhard Wächter verhalf dem Mandryka mehr zur stimmlichen als zur optischen Realisierung (obwohl er das ist, was man als einen sehr gut aussehenden Sänger bezeichnen kann; aber George London oder Fischer-Dieskau brachten mehr Landluft auf die Bühne und hatten eine stärkere persönliche Ausstrahlung). Sehr . ambitioniert und sicher charakterisierend spielten Fritz XJhl, Hans Christian und Herbert Lackner die drei so verschiedenen unglücklichen Liebhaber der Arabella. Adolf Dalla-pozza war ein ebenso leidenschaftlich agierender wie intensiv singender Matteo, der statt der angebeteten Arabella zum guten Ende deren Schwester Zdenko-Zdenka bekommt,die von Olivera Miljakovic sehr reizend und natürlich dargestellt und mit vollendetem Wohllaut gesungen wurde. Mimi Coertse muß man dankbar sein für die Dezenz, mit der sie die fatale Rolle der Fiakermilli (einschließlich der ebenso überflüssigen wie kunstvollen Koloraturen) gestaltete. Diese Figur ist ein Relikt aus Hofimannsthals' erstem Projekt, und je mehr man sie unterspielt oder kürzt, um so besser ist's für das Ganze.

Die Aufführung fand, nicht zuletzt dank des hervorragend schönen Spiels der Philharmoniker, viel Beifall.

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